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Montag, 6. Dezember 2021

Chancen

Beim letzten Mal habe ich ausführlich von Vielem erzählt, was mein Leben vor dem 13. März 2020 ausgemacht hat. Erzählt, um meine und um Eure Erinnerung daran aufzufrischen, wie ein normales Leben aussieht.

Ich habe es ja selbst erlebt: man vergisst das wahnsinnig schnell. Vor allem vergisst man enorm schnell, wie es sich angefühlt hat. 

Schon ist vergessen, wie das Gefühl war in jenem Leben ohne die ganzen Zwänge, Beschränkungen und Angstmacherei, ohne das ganze Panikschüren, ohne diese immer kräftiger angeheizte Spaltung zwischen den Menschen, ohne die massenhaften und haltlosen Schuldzuweisungen.

Schon ist vergessen, wie es sich anfühlte, Erkältungssymptome zu spüren, und dabei an nichts anderes als an "Schnupfen und Husten" zu denken.

Schon ist es vergessen, wie es sich anfühlte, einfach drauflos zu leben. 

Wie es sich anfühlte zu leben ohne die in allen Medien immer wieder ausgemalten Schreckens-szenarios. Wie es sich anfühlte, zu leben ohne diese allzeit und allgegenwärtig dargestellte Bedrohtheit der Gesundheit als das vorgeblich Eigentliche und ohne den omnipräsenten Fokus auf ein potentiell hinter jeder Ecke lauerndes Ende des Lebens unter schaurigen Umständen.

Schon ist vergessen, wie es sich anfühlte, Gesundsein als den Normalzustand eines Lebens anzusehen, auf den der Mensch im Allgemeinen vertrauen kann. Und Krankheit als die – in unendlich vielen Fällen heilbare - Ausnahme zu betrachten.

Schon vergessen ist auch, wie es sich anfühlte, zur Begrüßung einander die Hand zu reichen. Jeden Menschen, mit dem man eine Weile zusammensaß oder stand, zu Beginn der Begegnung durch diesen Händedruck zu erfühlen.

Jedoch ist nicht nur Verlust, was in den letzten 21 Monaten sich entwickelt hat. Manches ist auch neu in mein, in unsere Leben gekommen.

Da sind zuallererst unzählige Online-Veranstaltungen, von denen ich im Rahmen dieses Blogs immer wieder auch erzählt habe. Ich bin völlig geplättet davon, wie viele Menschen inzwischen in irgend einer Weise im weitesten Sinn geistig, spirituell unterwegs sind. Wie viele von ihnen ihre Erfahrungen, ihr Wissen teilen. Wie viele Wege sichtbar geworden sind, zu sich, in die Stille zu kommen. Und sie alle sind inzwischen einfach so verfügbar. Ganz, ganz oft auch kostenlos. Keine Reisen mehr sind nötig zu irgendwelchen Ashrams, keine Reisen zu Seminaren, keine Geheimhaltungspflicht mehr. Die Information ist verfügbar und zugänglich.
Allerdings bin ich zunächst einmal mit all dem allein, und es liegt vollkommen in meiner eigenen Verantwortung, was ich damit tue. Aber auch das ist schon eines der neuen Dinge im Leben: vermehrte Eigenverantwortlichkeit nehmen.

Und so hat sich in den letzten 21 Monaten allmählich in meinem Tun und Lassen manches verändert.

Meditation in irgendeiner Weise – mit ganz verschiedenen Techniken – ist mir tatsächlich zur beinahe täglichen Gewohnheit geworden. Und sei es mit Mikrostillemomenten, Zwischendurch-Atemübungen, beispielsweise während der eineinehalbminütigen Wartezeit mit Finger auf dem Tränenkanal nach den allabendlich zu nehmenden Augentropfen.

Meinen ehemaligen morgendlichen Automatismus: 'Radio an und auf hr2-online das Kulturfrühstück anhören, während ich mein eigenes Frühstück mache und verzehre' habe ich ersetzt durch das Anhören/Ansehen von interessanten Videos meiner bevorzugten Sprecherinnen, sei es via youtube, sei es aus einem der vielen Online-Kongresse, die wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Anstatt mir den Morgen durch aktuelle Meldungen zu verbittern, die bereits in Jahren vor 2020 die ehemals anspruchsvolle Kultursendung verwässert hatten und immer mehr Raum einnahmen, durchlichte ich den Start in den Tag durch angenehme, inspirierende Vorträge, Kommentare und Interviews.

Dann gibt es die wundervolle Plattform liebevoll.jetzt mit ihren zahlreichen Begegnungsmöglichkeiten und Online-Veranstaltungen, vom virtuellen Café über meditative Begegnungen bis zu den Fragestunden mit Gerald Hüther.

Letztes Frühjahr begegnete mir der inspirierende Friedenszirkel, eine Initiative von AntoinetteHaering. Durch die gedanklichen, in ein spezielles Tagebuch aufgeschriebenen Gespräche mit verschiedenen inneren Anteilen, die zu den "Hausaufgaben" zwischen den Sitzungen gehören, habe ich schon viel über mich begriffen. Und die Online-Treffen selbst geben mir jedes Mal sehr viel. Auch hier stehe ich in einer anderen, ruhigeren, stabileren Verfassung vom PC auf als ich mich vor dem Treffen hingesetzt hatte.

Gleiches gilt für die Heilmeditationen mit Steffen Lohrer. Die jetzt, im erneut mehr oder weniger Lockdown-Winter wieder durch regelmäßige Livestreams ergänzt werden, in die die Heilmeditationen integriert sind. Tut einfach nur gut.

Insgesamt stelle ich fest, dass viele Menschen begonnen haben, sich gut um sich selbst, um ihr Selbst zu kümmern, gut für sich selbst zu sorgen. Immer intensiver üben, in ihrer Mitte zu bleiben. Viel, viel mehr als vor der  Krise. Und das Schöne ist: sie sprechen darüber mit einander. Teilen die Erfahrungen mit einander.

Das alles ist sehr belebend und  die innere Entwicklung sehr fördernd.
Aber eben – digital.

Was tatsächlich enorm abgenommen hat in meinem Leben ist die echte Begegnung mit Menschen. Und gerade jetzt brechen von den wenigen Gelegenheiten noch welche weg, weil Menschen lieber sicher gehen und sich darum lieber nicht mit anderen zwei Stunden in einen Raum setzen wollen.

Doch diese Begegnungen von Mensch zu Mensch fehlen. Sie fehlen wirklich.

Für mich selbst habe ich da noch keine gute Lösung gefunden. Bekomme ich doch meist nicht mal einen Besuch 'auf einen Kaffee' in der Nachbarschaft oder mit der Freundin im Nachbarort auf die Reihe.

… eine der Aufgaben für die kommende Zeit….

 

Oh ja, und ich mache es wirklich:

Bei jedem Schluck Wasser, den ich bewusst trinke (es gibt auch Momente, da stürze ich ein paar Schluck Wasser zwischendurch herunter…), denke ich "Ich bin im Frieden. Die Welt ist im Frieden". Oder auch mal "Ich bin in der Liebe. Die Welt ist in der Liebe." Oder "Ich bin Licht. Die Welt ist Licht."

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