Seiten

Montag, 27. April 2020

Lagerkoller



 






Sonntagmorgen. Mit fröhlichem Gefühl stehe ich auf – der Himmel ist bewölkt, es wird nicht so entsetzlich warm werden wie vor ein paar Tagen, auch wenn aus den Wolken später Schleierwölkchen werden sollten. Die zu starke Sonnenkraft ist gebremst. Wie herrlich!

Vor dem Frühstück will ich noch den Vorgarten wässern, dazu bin ich gestern nicht mehr gekommen. Ich laufe ein paar Mal mit der Gießkanne hin und her, stelle zwischendurch mein Teewasser auf, damit es nachher die richtige Temperatur für den grünen Tee hat.

Und dann, beim Händewaschen vor der Frühstückszubereitung, trifft mich der Keulenschlag der Erinnerung. Halb bewusst hatte ich über Vorräte sinniert, und ob ich bei der nächsten Bioladenbestellung nicht mal einen anderen Quark probieren sollte. Bestellung! EBEN! Ich kann nicht mal schnell nach Groningen zum Ekoplaza fahren und zwischendurch eine andere Sorte testen. Und den Bestellmoment für den Keukentuin habe ich letzte Woche verpasst.

Ich.fühle.mich.eingesperrt!
Habe es satt, immer die gleichen Häuser gegenüber, immer die gleichen Straßen beim Abendspaziergang zu sehen. Habe es satt, zwischen den Alternativen Schreibtisch, Esstisch oder Gartentisch frei zu entscheiden, wenn es um Schreiben geht.
Ich.will.hier.raus!

HALLO! Geht's noch???

Als ich jung war, wollte ich ins Kloster gehen. In einen kontemplativen Orden am liebsten.*)  Und jetzt mach' ich so ein Theater, weil ich nicht mehr in jedem Moment meinem ziemlich luxuriösen Alltag entfliehen kann?


In den letzten Wochen hab ich das schon öfter geschrieben, und kann es nur gebetsmühlenartig wiederholen: Diese C-Virus-Krise wirft eine komplett auf sich selbst zurück!
Was für eine Chance!

Ein komprimiertes Programm, mich selbst noch besser kennen zu lernen. Gnadenlos bekomme ich die Lernaufgaben, denen ich bislang immer ausgewichen bin, auf den Tisch des Hauses serviert. Mit Spitzendeckchen auf dem Silbertablett.
Warum bitteschön will ich hier weglaufen? Zu eng? Abwechslung? Gut, als Gefühl kann das eine Rolle spielen. Aber dahinter liegt noch etwas anderes.
Der Spaßfaktor nämlich.

Mit der Bahn wegfahren und anderswo herumbummeln macht einfach Spaß.
Sich um die Dinge kümmern, die hier getan werden müssen, macht keinen Spaß.
Aber wenn ich genau hinsehe, kann es Freude machen. Manchmal erst, wenn die entsprechende Arbeit getan ist. Manchmal schon während der Ausführung.

Auch das Wahrnehmen der kleinen Dinge, genießen dessen, dankbar sein für das, was mir alles möglich ist, was mein Leben ausmacht, macht keinen vordergründigen "Spaß". Es bringt Freude. 
Will aber dazu als Bewusstseinsakt immer wieder neu getan werden.

Was habe ich mir doch selbst über die (auferlegten) Rückzugswochen geschrieben? 
"Ich hab keine Lust" gibt es nicht.
Also los! 

*)  Heute weiß ich natürlich, wie schief das gegangen wäre. Mit meinem Freiheitswillen und meiner Lebenslust.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen