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Sonntag, 19. April 2020

Vermummungsgebot

Unsere regionale Tageszeitung macht sich zum Vorreiter einer  Kampagne für das Tragen von Mund-Nasenschutz auch in den Niederlanden. Hierfür haben sich ein Immunologe und ein Publizist zusammengetan. Was ihnen vorschwebt, ist vergleichbar mit dem österreichischen Modell: Ausgabe von Mund-Nase-Schutzmasken an den Eingängen von Supermärkten, auf Bahnhöfen, in Bussen und Trams, in Betrieben, in denen die 1,5-Meter-Regel nicht eingehalten werden kann.

Auf in eine Gesellschaft von Vermummten!
Gespenstisch, die Vorstellung, - außer beim Spazierengehen und anderem Aufenthalt im Freien, bei dem man ausreichend Abstand halten kann - demnächst nur noch Menschen zu begegnen, deren Gesicht halb verhüllt ist. Die empfundene Bedrohlichkeit des Virus bekäme durch all die Maskenmenschen eine neue Qualität. Massenpanik würde wieder mal mehr als nur um die Ecke schauen.

Natürlich, der Gedanke hat was: Verbreitung des Virus an der Quelle – dem (potentiellen) Ausscheider –  bestreiten. Da aber ist dann auch der Haken an der Sache: da man nicht alle 83 Millionen Einwohner der BRD oder 17 Millionen Menschen in den Niederlanden gleichzeitig testen kann, gehen wir 'sicherheitshalber' davon aus, dass jede/r es sein könnte: Du, ich, der Kassierer im Laden um die Ecke, die gute Bekannte, der böse Nachbar.

Persönlich habe ich noch immer Zweifel und Vorbehalte.
  • Nach ca. 30 Minuten Gebrauch sind die Masken feucht/gesättigt, werden durchlässig und schützen meine Gegenüber nicht mehr. Tragezeiten von 4 Stunden, von denen ich auf österreichischen Websites gelesen habe, scheinen mir enorm übertrieben, wenn ich die Feuchtigkeit meiner eigenen Atemluft betrachte.
  • Die Maske abnehmen ist eine Operation die sehr gut ausgeführt sein will. Die Maske muss sofort in ein dicht schließendes Behältnis gepackt werden (erzählte man hier im Radio). Einmalmasken in diesem Behältnis der Verbrennung zuführen = grauer Müllcontainer zuhause oder unterwegs mit Deckel verschlossene Mülleimer, wie z.B. an Rastplätzen an der Autobahn. Selbst gemachte Stoffmasken bei 60° waschen. Bis dahin in geschlossenem Behältnis aufbewahren, nicht einfach so in den Wäschekorb (nehme ich an).
  • A propos Waschen. Theoretisch könnten diese Masken also zusammen mit Unterhosen, weißen T-Shirts, Handtüchern und Bettwäsche in einen Waschgang; die 60° überlebt kein Virus. Doch wüsche man die Masken natürlich tunlichst mit einem geruchsfreien Flüssigwaschmittel. Keine einzige Waschmaschine, die ich kenne, ist in der Lage, alle Waschmittelreste im Lauf der zum Programm gehörenden Spülgänge herauszuspülen. Intensiver Duft eines normalen Waschmittels bleibt also sowieso in der Wäsche hängen; feinste Waschpulverreste bei Nicht-Flüssig-Waschmittel ebenfalls. Beides will man natürlich nicht direkt vor Mund und Nase hängen haben, geschweige denn tief Einatmen. Das wäre den Teufel mit dem Beelzebub austreiben wollen.
  • Wie funktioniert das am Ausgang des Supermarkts? Bekommt jede/r einen frischen Gefrierbeutel mit Verschlussclip, in den man die Maske – möglichst ohne sie mit den Händen zu berühren – hineinpraktiziert? Steht vor jedem Supermarkt dann ein verschlossener Eimer, in den man die Tüten mit den Masken werfen kann, und der dann von einem auf die Beseitigung kontaminierten Materials spezialisierten Betrieb ausgetauscht und der richtigen Entsorgung zugeführt wird?
  • Nachdem man sich von der Maske befreit hat, müssen die Hände sehr gut desinfiziert werden. Stehen dann vor jedem Supermarkt mit dem Arm bedienbare Sterillium-Spender? Die Hände sind ja (möglicherweise) kontaminiert. Oder bekommt jeder auch ein Paar Einmalhandschuhe, um die Masken vorm Laden wieder auszuziehen? Die dann dito....entsorgt werden müssen. Danach müsste man trotzdem noch die Hände desinfizieren...
Achtlos weggeworfene Schutzmasken
in Österreich
  • Lebhaft steht mir das Bild vor Augen aus Frankfurt, Ende Februar, als noch vereinzelt chinesische Touristen durch die Stadt streunten und das C-Virus gerade anfing, ein Thema zu werden: hier und da wehten achtlos weggeworfene Mund-Nasen-Schutzmasken durch die Fußgängerzone. "Wegwerfmaske" – da hatten eindeutig Menschen den Begriff zu wörtlich genommen.
  • Durch die Masken hindurch lässt es sich schlecht atmen, Luft holen, Sauerstoff aufnehmen. Beim Einkauf im Supermarkt, in dem ich nur kurz verweile – o.k. Aber eine stundenlange Bahnfahrt? Oder im Flixbus??? (mal abgesehen vom alle 30 Minuten die Maske wechseln…) Das verpflichtete Maskentragen wird ja für die Zeit nach dem Lockdown erwogen.
  • Und dann der zu erwartende heiße Sommer. Uiuiuiuiuiuiui! 35° im Schatten, mit Minishorts, Spaghettiträgerhemdchen, Flipflops und – Maske?

Isch waaß net, isch waaß net….*)
Bislang ist und bleibt mir das alles ein einziges großes Fragezeichen.


*) Frankforderisch, Frankfurterisch für "Ich weiß nicht, ich weiß nicht"
Die Grafik mit den drei Affen stammt aus dem Video "Corona 24" von Dr. Bodo Schiffmann

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