Je länger diese
C-Virus-Krise und die damit verbundenen Einschränkungen dauern, um so mehr und
um so deutlicher nehme ich wahr, wie die Schere zwischen Jung und Alt, zwischen
Schwach und Stark, zwischen "Angehörige/r einer Risikogruppe" und
"allen anderen" sich öffnet.
Die Gräben werden tiefer.
Immer häufiger beobachte ich vor allem Menschen im Alter zwischen später Jugend/jung Erwachsen
und ca. 45-50 Jahren, die mit zunehmender Dauer der Maßnahmen die Spielregeln
schlichtweg ignorieren. Die Empfindung physischer
Unverletzlichkeit, von der für viele das Lebensgefühl jener Jahre bestimmt wird,
führt dazu, dass sie denken, die Vorsichtsmaßregeln nicht nötig zu haben. Dies
Nicht-Tun bezüglich Abstand halten, zusammen herumhängen, mit einander Dinge
unternehmen ist stets häufiger begleitet von der Ausstrahlung: 'warum soll ich
mich einschränken für die Schwachen, Alten, Verletzlichen, Zuckerkranken,
Übergewichtigen, Vorerkrankten,…, wo ich es doch so gut wie nicht kriegen
kann'?
Immer wieder
treffen mich mit meinem unübersehbaren Silberschopf aus in 'sogenannt-sportlicher' Art beschleunigten, passierenden Autos Blicke von
Jungmännern mit Testosteron-Überschuss, die genau das zu sagen scheinen: der Schwächling, das Risiko bist DU! ICH bin jung, stark, unverwundbar, und darum
sind mir die Regeln egal.
Oder begegnen mir
Teenies, die laut gickelnd, extrovertiert gegenseitig auf die Handys schauend,
das Gleiche ausstrahlen.
Ich halte das für
eine ungute Entwicklung, gesamtgesellschaftlich gesehen.
Der Gegensatz Alt
<-> Jung wurde von Jung-Politikern verschiedener Couleur schon
vor der C-Virus-Krise geschürt. Die Alten mit ihren Renten und ihrem durch den medizinischen Fortschritt übermäßig langen
Leben fressen uns unsere Zukunft weg – solche oder vergleichbare Argumentationen
waren zu hören.
Auch die relativ hohen
Behandlungs- und Pflegekosten im letzten Lebensjahr eines Menschen waren schon vorher
Gegenstand von Diskussionen, aus denen - zur Kosten-Einsparung - Vorschläge resultierten, nicht mehr
jedem und jeder alle erdenkliche medizinische Hilfe und Versorgung zukommen zu
lassen.
Das loderte jetzt in der Krise auf in der Diskussion um Intensivpflegebetten und wer sie
bekommen dürfen sollte und wer nicht.
Diese bereits vor
der C-Virus-Krise beobachtbare Ent-Solidarisierung und Kosten-Einsparungs-freudige
Übergewichtung des Starken, Vitalen droht nun, immer weitere Kreise zu ziehen.
Dem müsste
schnellstmöglich entgegen gesteuert werden, will man den Frieden im
gesellschaftlichen Zusammenleben einigermaßen erhalten!
Niemand bleibt
ewig in der körperlichen Verfassung der Lebensspanne zwischen 20 und 50. Allerdings,
wer gerade darin ist, kann das meistens nicht fühlen und will es auch nicht
wahrhaben.
Im Indivuellen
Lebensweg gehört dies Lebensgefühl untrennbar und richtigerweise zu dieser Lebensphase.
Ohne dies könnte niemand die spezifischen Lebensaufgaben bewältigen, die in diese
Phase gehören: Beruf, Aufbau von eigenem Leben, Familie, Kinder, Abenteuer,
Forschung, Erfindungen, usw.
Aber – für die
Atmosphäre im gesellschaftlichen Zusammenleben braucht es mehr.
Ebenjene
Solidarität, die uns verloren zu gehen droht oder die schon verloren gegangen
ist.
Qualitäten wie
Einfühlung in die Mitmenschen, Herzenswärme und Verständnis, Akzeptanz der
Unterschiedlichkeit sowie die Einsicht, dass daraus um des/der Anderen willen
Rücksichtnahme oder gelegentlich sogar Verzicht resultieren müssen.
Ganz einfach auch
aus dem Grund, weil man selbst ja auch so behandelt werden möchte.
Ein bisschen
ratlos frage ich mich: wie kriegen wir das hin?
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