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Donnerstag, 21. Mai 2020

Spaltpilz



Je länger diese C-Virus-Krise und die damit verbundenen Einschränkungen dauern, um so mehr und um so deutlicher nehme ich wahr, wie die Schere zwischen Jung und Alt, zwischen Schwach und Stark, zwischen "Angehörige/r einer Risikogruppe" und "allen anderen" sich öffnet. 
Die Gräben werden tiefer.

Immer häufiger beobachte ich vor allem Menschen im Alter zwischen später Jugend/jung Erwachsen und ca. 45-50 Jahren, die mit zunehmender Dauer der Maßnahmen die Spielregeln schlichtweg ignorieren. Die Empfindung physischer Unverletzlichkeit, von der für viele das Lebensgefühl jener Jahre bestimmt wird, führt dazu, dass sie denken, die Vorsichtsmaßregeln nicht nötig zu haben. Dies Nicht-Tun bezüglich Abstand halten, zusammen herumhängen, mit einander Dinge unternehmen ist stets häufiger begleitet von der Ausstrahlung: 'warum soll ich mich einschränken für die Schwachen, Alten, Verletzlichen, Zuckerkranken, Übergewichtigen, Vorerkrankten,…, wo ich es doch so gut wie nicht kriegen kann'?

Immer wieder treffen mich mit meinem unübersehbaren Silberschopf aus in 'sogenannt-sportlicher' Art beschleunigten, passierenden Autos Blicke von Jungmännern mit Testosteron-Überschuss, die genau das zu sagen scheinen: der Schwächling, das Risiko bist DU!  ICH bin jung, stark, unverwundbar, und darum sind mir die Regeln egal.

Oder begegnen mir Teenies, die laut gickelnd, extrovertiert gegenseitig auf die Handys schauend, das Gleiche ausstrahlen.

Ich halte das für eine ungute Entwicklung, gesamtgesellschaftlich gesehen.

Der Gegensatz Alt <-> Jung wurde von Jung-Politikern verschiedener Couleur schon vor der C-Virus-Krise geschürt. Die Alten mit ihren Renten und ihrem durch den medizinischen Fortschritt übermäßig langen Leben fressen uns unsere Zukunft weg – solche oder vergleichbare Argumentationen waren zu hören.
Auch die relativ hohen Behandlungs- und Pflegekosten im letzten Lebensjahr eines Menschen waren schon vorher Gegenstand von Diskussionen, aus denen - zur Kosten-Einsparung - Vorschläge resultierten, nicht mehr jedem und jeder alle erdenkliche medizinische Hilfe und Versorgung zukommen zu lassen. 
Das loderte jetzt in der Krise auf in der Diskussion um Intensivpflegebetten und wer sie bekommen dürfen sollte und wer nicht.

Diese bereits vor der C-Virus-Krise beobachtbare Ent-Solidarisierung und Kosten-Einsparungs-freudige Übergewichtung des Starken, Vitalen droht nun, immer weitere Kreise zu ziehen.

Dem müsste schnellstmöglich entgegen gesteuert werden, will man den Frieden im gesellschaftlichen Zusammenleben einigermaßen erhalten!

Niemand bleibt ewig in der körperlichen Verfassung der Lebensspanne zwischen 20 und 50. Allerdings, wer gerade darin ist, kann das meistens nicht fühlen und will es auch nicht wahrhaben.

Im Indivuellen Lebensweg gehört dies Lebensgefühl untrennbar und richtigerweise zu dieser Lebensphase. Ohne dies könnte niemand die spezifischen Lebensaufgaben bewältigen, die in diese Phase gehören: Beruf, Aufbau von eigenem Leben, Familie, Kinder, Abenteuer, Forschung, Erfindungen, usw.

Aber – für die Atmosphäre im gesellschaftlichen Zusammenleben braucht es mehr.

Ebenjene Solidarität, die uns verloren zu gehen droht oder die schon verloren gegangen ist.
Qualitäten wie Einfühlung in die Mitmenschen, Herzenswärme und Verständnis, Akzeptanz der Unterschiedlichkeit sowie die Einsicht, dass daraus um des/der Anderen willen Rücksichtnahme oder gelegentlich sogar Verzicht resultieren müssen.
Ganz einfach auch aus dem Grund, weil man selbst ja auch so behandelt werden möchte.
 
 




 
Ein bisschen ratlos frage ich mich: wie kriegen wir das hin?

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