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Montag, 9. November 2020

Forever?

Vor einiger Zeit erzählte eine meiner Brieffreundinnen vom 'Postcrossing'.  Die Idee dahinter ist, dass Menschen, die einander nicht kennen, einander Postkarten (Ansichts- oder andere Motivkarten) senden. Das gefiel mir, habe ich es doch gerade sowieso mit Briefeschreiben. Plus viele Karten aus mehreren Jahrgängen Harenberg-Postkarten-Kalendern im Vorrat. Ich meldete mich dort an.

Es macht Spaß, es bringt Freude und fragt ein bisschen Phantasie, an Menschen zu schreiben, von denen man nicht mehr weiß, als ihre Postanschrift und das, was sie in ihrem Profil von sich erzählt haben. Und es macht genauso Spaß und bringt Freude, um von Menschen eine Karte zu bekommen, von denen man erst einmal gar nichts weiß. Im zweiten Schritt kann ich anhand der Registrationsnummer auf der Karte zum Profil der Person gehen,die die Karte geschrieben hat. Man erhält diese Nummer gleichzeitig mit der Adresse des Empfängers/der Empfängerin und schreibt sie tunlichst gut lesbar auf die Karte. 

Kürzlich erhielt ich zum ersten Mal eine Karte aus den USA. Ein netter Text, ein sehr klassisches Foto eines Mississippi-Hafens mit drei Raddampfern verschiedener Generationen darauf. 

Und eine runde Briefmarke.
Schönes Motiv, eine rosarote Chrysantheme.

Schaun wir mal, was Tante Google mich über die Bedeutung von Chrysanthemen finden lässt:
In der Blumensprache stehen Chrysanthemen für Heiterkeit, Perfektion und Ewigkeit. In Abhängigkeit von der Farbe können sie viele Bedeutungen ausdrücken. (...)
Rosa Chrysanthemen symbolisieren die Zerbrechlichkeit einer Liebesbeziehung.

Zerbrechliche, heiter perfekte Ewigkeit... grübel...

Erst nachdem ich die Marke fotografiert hatte – eine runde Briefmarke finde ich außergewöhnlich, und ich dachte, wer weiß, für welche Illustration ich sie einmal gebrauchen kann – schaute ich mir den Text darauf an.
"Global" steht da, für weltweites Auslandsporto. USA.
Und dann: Forever. 2020.

Weil die Marke rund ist, und kein Wert darauf steht, kann sie mit jedem gewünschten Wort als oberstes aufgeklebt werden. Aus den Wörtern kann man dann je nachdem alles mögliche lesen.

🔹  Global USA Forever 2020
🔹  2020 Global USA Forever
🔹  USA Forever 2020 Global
🔹  Forever 2020 Global USA

Wahrscheinlich fanden die Entwerfer der Briefmarke dies einen genialen Schachzug. Mir macht es eher Gänsehaut. Denn keine der Botschaften gefällt mir. Der Traum von der amerikanischen Hegemonie für immer festgeschrieben, und dann noch an dieses Jahr gekoppelt, oh je!

Und in drei der vier möglichen Kombinationen – logischerweise! – steht: Forever 2020.

Was für eine Idee. Wenn es *ein* Jahr gibt, von dem ich nicht wollen würde, dass es ewig dauert, dann das aktuelle. Es steckt so voller Herausforderungen, um es mal euphemistisch zu formulieren – die reichen normalerweise für mehrere Jahrzehnte! Aber wenn wir eines gelernt haben in diesem Jahr, dann dies: "normal" gibt es nicht mehr. Wir stecken noch mitten in einem Jahr, in dem das Unterste zuoberst gekehrt wird. Nicht geeignet für einen liebenswerten und lebenswerten Dauerzustand.

Forever 2020 – Nein Danke!

1 Kommentar:

  1. Zur Chrysantheme finden sich mehrere Bedeutungen und es können sich überraschende Mutmaßungen entwickeln.

    Chrysanthemen in Japan sind Bestandteil des Thrones, der auch Chrysanthemen-Thron genannt wird. Die Blume ist Symbol des Staatswappens und in den Pässen zu finden.
    Quelle: https://www.lifeinjapan.de/symbole-japans-sonne-und-chrysantheme/

    "Der höchste japanische Staatsorden ist der Chrysanthemen-Orden, genannt "Kiku No Gomon". Das bedeutet soviel wie: "Edles Zeichen der Chrysantheme" oder "Kaiserliches Siegel der Chrysantheme". In einer leicht veränderten Form benutzen Shinto-Schreine der kaiserlichen Familie, aber auch andere Shinto-Schreine das Chrysanthemen-Siegel."
    Quelle: http://www.feste-der-religionen.de/blumen/chrysanthemen-japan.html

    Irgendwo las ich, dass sie in Australien die Muttertagsblume sein soll.

    Soweit die Bedeutung.
    Bei der auf der Briefmarke abgebildeten Chrysantheme dürfte es sich um die "Emperor of china" handeln. Ob sich der Briefmarkendesigner sich des Names bewusst war, lässt sich sicher kaum heraus finden. Vergegenwärtigt man sich die momentanen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu China, so könnte man bei der Bedeutung der Briefmarke unter Berücksichtigung des Markentextes auf ganz andere Schlüsse kommen, die sicherlich keine offizielle Bestätigung finden.

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