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Dienstag, 7. April 2020

Haarig



Ich stehe mit einem nassen Kamm vor dem Spiegel und kämme mir die Haare aus der Stirn. In der Hoffnung, dass dies eine Weile so bleiben wird. Meine Oma machte das immer so. Aus dem Spiegel schaut mir eine ältere Dame mit welliger, silberfarbener 50er-Jahre-Hausfrauenfrisur entgegen. Mein Partner mit seiner werdenden Künstlermähne hingegen beginnt mich immer stärker an Herman van Veen zu erinnern, haarmäßig gesehen. Oder an den Cembalobauer Cornelis Bom, aber mit diesem Namen werden die wenigsten meiner Leserinnen und Leser ein Bild verbinden.

Wir können alle nicht mehr zum Friseur. Die Haare wachsen und wachsen, bei den einen schneller, bei den anderen langsamer. (Und an der derzeitigen Differenz zur üblichen Frisur lässt sich ablesen, wie nah am nächsten Friseurtermin der Zeitpunkt war, an dem alle Friseure schließen mussten.)

Nachbarinnen bekommen ein anderes Aussehen,  und bei der einen oder anderen muss ich schon jetzt zwei Mal hinschauen: auch so, sie ist das! Eigentlich finde ich das ganz lustig, man schaut ganz neu nach sich und den anderen.

Ein Friseurgeschäft im Dorf bietet für seine Kund*inn*en ein Zuhause-Ansatz-Nachfärben-Set an, mit exakt der Farbton-Zusammenstellung, die beim letzten Mal verwendet wurde. Zusammen mit einer genauen Anleitung. Ich weiß nicht, ob viele davon Gebrauch machen werden. Beinahe hoffe ich, dass nicht. Denn ich bin durchaus neugierig, welche haarfarblichen Überraschungen in den nächsten Wochen zum Vorschein kommen werden. 

Oder wie sich unser aller Frisuren- und damit Mode-"Typ" mit der Zeit verändern wird.
 
Mit Ausnahme der selbstgemähten Glatzen oder Beinahe-Glatzen natürlich. Und derjenigen Männer, deren Haar schon immer von ihren Frauen geschnitten wurde.

Die werden auffallen wie bunte Hunde.


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