Ich stehe mit
einem nassen Kamm vor dem Spiegel und kämme mir die Haare aus der Stirn. In der
Hoffnung, dass dies eine Weile so bleiben wird. Meine Oma machte das immer so. Aus dem Spiegel
schaut mir eine ältere Dame mit welliger, silberfarbener
50er-Jahre-Hausfrauenfrisur entgegen. Mein Partner mit seiner werdenden Künstlermähne hingegen beginnt mich immer
stärker an Herman van Veen zu erinnern, haarmäßig gesehen. Oder an den Cembalobauer Cornelis Bom, aber mit diesem Namen werden die wenigsten meiner Leserinnen und Leser ein Bild verbinden.
Wir können alle
nicht mehr zum Friseur. Die Haare wachsen und wachsen, bei den einen schneller,
bei den anderen langsamer. (Und an der derzeitigen Differenz zur üblichen Frisur
lässt sich ablesen, wie nah am nächsten Friseurtermin der Zeitpunkt war, an dem alle Friseure
schließen mussten.)
Nachbarinnen
bekommen ein anderes Aussehen, und bei der
einen oder anderen muss ich schon jetzt zwei Mal hinschauen: auch so, sie ist das! Eigentlich finde ich das ganz lustig, man schaut ganz neu nach sich und den
anderen.
Ein Friseurgeschäft
im Dorf bietet für seine Kund*inn*en ein Zuhause-Ansatz-Nachfärben-Set an, mit
exakt der Farbton-Zusammenstellung, die beim letzten Mal verwendet wurde.
Zusammen mit einer genauen Anleitung. Ich weiß nicht, ob viele davon Gebrauch
machen werden. Beinahe hoffe ich, dass nicht. Denn ich bin durchaus neugierig, welche haarfarblichen
Überraschungen in den nächsten Wochen zum Vorschein kommen werden.
Mit Ausnahme der
selbstgemähten Glatzen oder Beinahe-Glatzen natürlich. Und derjenigen Männer,
deren Haar schon immer von ihren Frauen geschnitten wurde.
Die werden
auffallen wie bunte Hunde.
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