Mitte März bis 10. April 2020 täglich. Ab 11. April 2020 erscheinen die Beiträge jeden zweiten Tag. Ab Montag, 22. Juni 2020 immer Montag und Donnerstag abends. Ab Montag, 13. Dezember 2021 am Montagabend nach 22 Uhr.


Mittwoch, 29. April 2020

Seismische Stille






Auf der Website des Königlich-Niederländischen Meteorologischen Instituts (KNMI) habe ich gelesen, dass das seismische Hintergrundrauschen seit dem 13. März um beinahe die Hälfte abgenommen hat. Am 13. März wurden hier die ersten Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des Virus getrof-fen: Schulen zu, so viele Leute wie möglich im Homeoffice, Restaurants zu, Ausgangsbeschrän-kungen.
Auch in den die Niederlande umgebenden Ländern, worunter Deutschland, wird seit den Lockdowns ein stark verringertes seismisches Hintergrundrauschen gemessen.

Die Messungen nehmen Erschütterungen dicht unter der Erdoberfläche wahr. Ursprünglich waren sie nicht eingeführt worden, um den Einfluss menschlicher Aktivität auf Bewegungen der Erdoberfläche zu erfassen, sondern ihre Aufgabe sollte sein, Auswirkungen von Erdbeben (Fernwirkungen, usw.) beschreiben zu können. 
Ihre Ergebnisse zeigen statt dessen nun sehr deutlich die im Wortsinn erschütternden Auswirkungen unserer alltäglichen Handlungen. Grundsätzlich, bei voller Betriebsamkeit in unserer Gesellschaft, ist ein deutlicher Tag-/Nacht-Unterschied wahrzunehmen – nachts zittert der Boden weniger – und auch an Wochenenden, vor allem sonntags, hat die Erdoberfläche mehr Ruhe.

Verursacht wird das künstliche Gebebe durch u.a. Bauarbeiten, (Schwer)Industrie, Verkehr, schwere Landbaumaschinen, Bohrungen. Usw.
Diese ganze menschengemachte Vibration hat jetzt um 45% abgenommen.

Die Seismologen sehen in der aktuellen Situation eine große Chance. Können sie doch endlich ermitteln, was sie mit diesen Messungen ursprünglich hatten aufzeichnen wollen, und was nur allzuoft durch die menschengemachten Erschütterungen überdeckt wurde. Z.B. Auswirkungen schwacher Erdbeben.

Ich persönlich sehe hier ganz andere Chancen.

Die Beruhigung der Erdoberfläche macht uns sehr eindringlich bewusst, was wir als Kollektiv der Erde antun.
So dürfen wir doch nicht weitermachen !?!?!
Die Natur selbst gibt uns ein weiteres überdeutliches Signal, das Ruder endlich herum zu werfen!


Die oben zitierte Information ist u.a. hier zu finden:
https://www.scinexx.de/news/geowissen/corona-lockdown-erde-wird-stiller/ (hier habe ich auch das Foto gefunden)
https://www.knmi.nl/over-het-knmi/nieuws/seismische-ruis-afgenomen


Montag, 27. April 2020

Lagerkoller



 






Sonntagmorgen. Mit fröhlichem Gefühl stehe ich auf – der Himmel ist bewölkt, es wird nicht so entsetzlich warm werden wie vor ein paar Tagen, auch wenn aus den Wolken später Schleierwölkchen werden sollten. Die zu starke Sonnenkraft ist gebremst. Wie herrlich!

Vor dem Frühstück will ich noch den Vorgarten wässern, dazu bin ich gestern nicht mehr gekommen. Ich laufe ein paar Mal mit der Gießkanne hin und her, stelle zwischendurch mein Teewasser auf, damit es nachher die richtige Temperatur für den grünen Tee hat.

Und dann, beim Händewaschen vor der Frühstückszubereitung, trifft mich der Keulenschlag der Erinnerung. Halb bewusst hatte ich über Vorräte sinniert, und ob ich bei der nächsten Bioladenbestellung nicht mal einen anderen Quark probieren sollte. Bestellung! EBEN! Ich kann nicht mal schnell nach Groningen zum Ekoplaza fahren und zwischendurch eine andere Sorte testen. Und den Bestellmoment für den Keukentuin habe ich letzte Woche verpasst.

Ich.fühle.mich.eingesperrt!
Habe es satt, immer die gleichen Häuser gegenüber, immer die gleichen Straßen beim Abendspaziergang zu sehen. Habe es satt, zwischen den Alternativen Schreibtisch, Esstisch oder Gartentisch frei zu entscheiden, wenn es um Schreiben geht.
Ich.will.hier.raus!

HALLO! Geht's noch???

Als ich jung war, wollte ich ins Kloster gehen. In einen kontemplativen Orden am liebsten.*)  Und jetzt mach' ich so ein Theater, weil ich nicht mehr in jedem Moment meinem ziemlich luxuriösen Alltag entfliehen kann?


In den letzten Wochen hab ich das schon öfter geschrieben, und kann es nur gebetsmühlenartig wiederholen: Diese C-Virus-Krise wirft eine komplett auf sich selbst zurück!
Was für eine Chance!

Ein komprimiertes Programm, mich selbst noch besser kennen zu lernen. Gnadenlos bekomme ich die Lernaufgaben, denen ich bislang immer ausgewichen bin, auf den Tisch des Hauses serviert. Mit Spitzendeckchen auf dem Silbertablett.
Warum bitteschön will ich hier weglaufen? Zu eng? Abwechslung? Gut, als Gefühl kann das eine Rolle spielen. Aber dahinter liegt noch etwas anderes.
Der Spaßfaktor nämlich.

Mit der Bahn wegfahren und anderswo herumbummeln macht einfach Spaß.
Sich um die Dinge kümmern, die hier getan werden müssen, macht keinen Spaß.
Aber wenn ich genau hinsehe, kann es Freude machen. Manchmal erst, wenn die entsprechende Arbeit getan ist. Manchmal schon während der Ausführung.

Auch das Wahrnehmen der kleinen Dinge, genießen dessen, dankbar sein für das, was mir alles möglich ist, was mein Leben ausmacht, macht keinen vordergründigen "Spaß". Es bringt Freude. 
Will aber dazu als Bewusstseinsakt immer wieder neu getan werden.

Was habe ich mir doch selbst über die (auferlegten) Rückzugswochen geschrieben? 
"Ich hab keine Lust" gibt es nicht.
Also los! 

*)  Heute weiß ich natürlich, wie schief das gegangen wäre. Mit meinem Freiheitswillen und meiner Lebenslust.

Viel gelesen