Überraschung

Heute endlich ist Teddy wieder an der Reihe. Er hat nun wirklich lange genug warten müssen. Erst letzten Donnerstag schmollte er nach Kräften: "Immer sind andere Themen wichtiger als ich!"
Dies alles ist nämlich schon vor fast einem Monat passiert.

 

Diesmal war er schneller gewesen. Ein ganzes Stück schneller. Teddy war glücklich.
Mit gespitzten Öhrchen hatte er nämlich den DHL Wagen kommen gehört. Kein Klingeln. Der Postbote hatte meinen Mann im Vorgarten angetroffen und ihm ein bleischweres Päckchen in die Hände gedrückt. Natürlich war Teddy so schnell er auf seinen Beinchen konnte, nach unten gesaust. Ich hatte von all dem nichts mitbekommen.

Offenbar hatte mein Mann das Päckchen im Wohnzimmer neben den Schrank auf den Boden gelegt. Denn als ich nach unten ging, sah ich durch die Scheiben in der Wohnzimmertür Teddy vor einem geöffneten kleinen Paket stehen.

 

 

Nun verschaffte er sich einen Überblick über den Inhalt.

 

 

 

 

 

 

Obenauf lag eine schöne bunte Osterkarte. Ostern war zwar schon vor einer guten Woche gewesen. Aber wir wissen ja, die Paketdienste haben ihr eigenes Zeitgefühl.

 

Teddys Verhältnis zum Briefgeheimnis ist ein enorm entspanntes, das wissen wir ja schon: er nimmt es damit nicht sehr genau. Und so betrachtete er sich auch diesmal wieder ausführlich die für mich bestimmte Karte. Aber dann war die Neugier auf den Inhalt größer, er verschwendete keine weitere Zeit an das Lesen des Textes. Mal schauen, was sich so zu Tage fördern ließ unter der Karte.

 

 

Ui! eine rote Riesentüte. Was da wohl drin war? An sich war sie gar nicht so schwer, gemessen an der Größe. Die Tüte knisterte ziemlich beim Hochheben, und innen drin konnte man was rieseln hören. "Salz Stangen" hatte er gelesen, als die Tüte noch gelegen hatte. Darunter konnte er sich nichts vorstellen. Aber sowieso interessierte ihn alles, was salzig war, nicht wirklich. Und er legte sie zur Seite.

 

 

 

 

Als nächstes wuchtete er eine fast genauso große lila-rosa Tüte aus dem Päckchen. Die roch süßlich und ein bisschen nach Früchten. Außen drauf war ein weißes Pferd mit rosa Mähne und einem Horn auf der Stirn abgebildet. Was ist das für ein komisches Tier? fragte er sich. Doch dann widerstand er der Versuchung, das genauer zu untersuchen und die Tüte zu öffnen. Da könnte er sich später auch noch drum kümmern. Jetzt aber wollte er wissen, was sich unter den knisternden Tüten verbarg.

 

 

 

 

 
Hm. Bunt bedrucktes Papier. Allerdings konnte er sich keinen Reim auf das machen, was da abgebildet war.

 

 

Lauter einzelne Blätter. Manche aus dickerem, manche aus eher dünnem, glänzenden Papier. Ab und zu entdeckte er bei den bunten Bildern etwas, das auch für ihn als etwas Sinnvolles zu erkennen war. Zeichnungen von kleinen Jungen zum Beispiel. Oder Blumenkörbe. Aber was das Ganze sollte???

 

 

Das hier war mal was richtig Schönes, bei dem einem Teddy das Herz aufging. Tulpen! Osterglocken! Schmetterlinge! Die meisten anderen Bilder waren mehr was für Menschen. Wenig Teddy-geeignet. Schade.

Er hatte mal wieder vergessen, dass das Päckchen eigentlich für mich bestimmt war.

Trotzdem war er natürlich neugierig und stöberte weiter zwischen den ganzen Blättern herum. Er hatte sie inzwischen einen nach dem anderen aus dem Karton gewuchtet. Und dabei verblüfft gemerkt, dass die Bilder aus den Bögen herausfielen, wenn bär nicht richtig aufpasste.

 

 

 

 

 

 

Irgendwie alles ganz schön viel. Und alles ganz schön unübersichtlich.

Die aus den Bögen gefallenen Bilder ließen sich aber gut verwenden, um sich einmal mehr zu schmücken.
Die Fliege- ähm der Schmetterling machte sich ganz besonders gut auf dem Fell unterm Kinn! Und das Asternsträußchen im Knopfloch, naja da auf dem Brustfell, da wo bei einer Jacke ungefähr das Knopfloch im Revers wäre, schmückte ganz ungemein! Das Kätzchen hatte er auch nicht liegen lassen können und auf dem Oberarmfell drapiert.

Und – mmmmhhhhhh all die leckeren Sachen, die einem schleckermäuligen Teddy das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen, legte er sich als Wunschzettel auf den Schoß. Sowas dürfte ihm ruhig mal wieder serviert werden!

So traf ich Teddy an, als ich endlich die Wohnzimmertür öffnete. Er schaute mich dermaßen herzzerreißend stolz und zugleich ein bisschen schuldbewusst an, dass ich natürlich wieder lachen musste. Und nichts übelnahm. Natürlich nicht.

 

 

 

Später hörte ich es auf der Treppe poltern.

Ich lugte vorsichtig um die Ecke, um zu schauen, was Teddy jetzt wieder ausgeheckt hatte.

 

 

 

 

 

 

Er mühte sich ab, eine Großpackung mit orangefarbenen Teelichtern nach oben zu schleppen. Ein leiser Orangenduft begleitete ihn. Die waren also auch noch in dem Paket gewesen. Hatte ich gar nicht mitbekommen…

Ach, Teddy!

 

Noch eine Weile später hatte er sich ein Fleckchen an meinem Schreibtisch erobert. Offenbar hatte er inzwischen über die Bilder nachgedacht, die aus den Bögen herausfielen. Beim Verzieren von Briefen mit bunten Blumenbildern hatte er mich schon öfter beobachtet.

Und das wollte er jetzt auch mal ausprobieren.

Ich ließ ihn machen und schaute mir danach gemeinsam mit ihm noch einmal genauer die Bögen an.

Von manchen Motiven waren größere und kleinere und dann noch ganz kleine Zeichnungen mancher Details abgedruckt. Was das wohl zu bedeuten hatte? Wir rätselten und rätselten.

 

 

 

 

Bis mir schließlich die Erleuchtung kam. Zusammen betrachteten wir zwei Karten, die ich von Brieffreundinnen geschickt bekommen hatte. Genau, so war das gedacht. Ich erklärte Teddy, dass man das 3D-Karte nannte, weil die Teile der Bilder über einander geklebt werden und dadurch eine Art Relief entsteht. Was ihn wenig interessierte. Namen von etwas findet er meistens nicht so wichtig. Aber wie es funktioniert, das hatte er dann schnell heraus.

 

 

Ein paar Tage später präsentierte er mir stolz auf meinem Lieblingssessel stehend das Ergebnis seiner ersten Bemühungen.