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Dienstag, 31. März 2020

Bärig



In der Provinz Groningen gibt es zur Zeit eine Aktion "Teddy suchen", bei der die Groningerinnen und Groninger gebeten werden, Teddies ins Fenster zu setzen. Diese Teddies auf der Fensterbank sind dazu gedacht, eventuell gelangweilt herumhängende Kinder zum Suchen zu animieren. So nach dem Motto: macht Fotos von denen, die ihr entdeckt habt, und postet sie.

Und so guckt auch mein Teddy seit zwei, drei Tagen hier aus dem Arbeitszimmerfenster nach draußen und wendet mir seinen schönen Rücken zu.

Angeregt durch diese Aktion habe ich mich an all meine Teddy-Fotos aus meiner Frankfurter Zeit erinnert. In einem anderen Leben, mit einem anderen Partner, gab es diese kleinen Inszenierungen von Teddy, Äffchen und Püppi, mit denen wir einander ab und zu ein Lächeln ins Gesicht oder ein Lachen ins Leben schenkten. Irgendwann begann ich, diese Szenen zu fotografieren. Daraus wurde im Lauf der Zeit eine ganze Fotoserie.

Heute stelle ich ein paar der Abenteur von Teddy, Äffchen und Püppi vor.
Teddy war mal eben weg
Teddy und Äffchen im Gespräch
Teddy studiert "Musik als Klangrede"






....ertappt!....

Teddy und Äffchen turnen herum....

Montag, 30. März 2020

Sprachverwirrung


Seit vor nunmehr beinahe drei Wochen auch bei uns die ersten drastischen Maßnahmen ergriffen wurden, um die Ansteckungsgefahr mit dem Virus zu verringern, sind allerlei Slogans verbreitet worden, die die Menschen kurz und prägnant auf die richtigen, angemessenen Verhaltensweisen aufmerksam machen sollen. Manche davon sind so missverständlich, dass man Gefahr läuft, das Gegenteil von dem zu erreichen, was man erreichen will.

So ist es zur Vorbeugung enorm wichtig, einander im  Sinn des Wortes nicht zu nahe zu kommen. Es geht darum zu verhindern, dass durch Tröpfcheninfektion das Virus weitergegeben werden kann. Mit einem scheinbar griffigen, aus dem Englischen übernommenen und dann eingedeutschten Begriff wird dies Abstand halten in bislang beinahe allen Veröffentlichungen mit "social distancing", "Soziale Distanzierung" bezeichnet.
Da ungefähr zur gleichen Zeit, in der diese Begriffe lanciert wurden, auch erstmals mit Nachdruck die Empfehlung ausgesprochen wurde, zu deren Schutz vor Ansteckung sich mit Menschen aus den Risikogruppen nicht mehr zu treffen, sie auch nicht mehr zu besuchen, heftete sich eine schmerzlich negative Konnotation daran. Ein fruchtbarer Boden für Missverständnisse.

Die durchaus vernünftige Empfehlung, besonders gegenüber jenen Personen den empfohlenen Abstand zu wahren, vermischte sich mit Gefühlen von Isolation: jetzt dürfen nicht einmal mehr die Enkel ihre Großeltern besuchen und darf ich nicht mal zum Kaffeeklatsch zu meiner Nachbarin gehen!
In einer Art Trotzreaktion waren, sicher zu Beginn der Maßnahmen, vor allem Angehörige  der Altersgruppe bis ungefähr 40 zu erleben, die - jetzt gerade! - sich zur irrwitzigen Parties zusammenfanden oder - noch schnell eben vor der verordneten Schließung - massenhaft in Kneipen und Cafés auf einander hockten. Das Gefühl, dass einem das genommen werde, was das Leben lebenswert macht, nämlich soziale Kontakte, überdeckte jede sinnvoll gewesene Vorsicht. Das Gespenst sozialer Isolation flatterte durchs Land.

Dabei geht es beim "Abstandhalten" überhaupt nicht um soziale Distanzierung! Es geht darum, eine bestimmte physische Nähe zu meiden. Es geht um räumliche Distanzierung von einander.
1,50 m Abstand überall dort, wo man anderen Menschen begegnen kann, wie z.B. auf der Straße, beim Einkaufen, in Warteschlangen. Kurze Schwätzchen mit Nachbarn oder einander grüßen sind durchaus möglich, wenn man nur weit genug von einander weg bleibt, nämlich 150 bis 200 cm auseinander.

Ich denke, dies Abstandhalten wäre von Anfang an viel besser akzeptiert und eingehalten worden, wenn diejenigen, die die zu veröffentlichenden Texte und Verlautbarungen geschrieben haben sowie die Medien, die sie übernahmen, darauf geachtet hätten, was sie da in die Welt setzen. Es wäre besser gewesen, nicht einfach einen auch im Englischen genauso missverständliches Begriff schlicht eingedeutscht unters Volk zu streuen, sondern darüber nachzudenken, was man erreichen will. Und dafür dann den passenden Begriff zu benutzen: Räumliche Distanzierung.
 
Was für eine verpasste Chance, von Anfang an alle auf den richtigen Weg zu bringen!




Aufmerksam gemacht hat mich auf diese Begriffsverwirrung erstmals Neale Donald Walsch in einem Video, das er vor zehn Tagen auf facebook veröffentlicht hat.
Der Wikipedia-Eintrag "Räumliche Distanzierung" hat zu mehr Klarheit in meinen Gedanken beigetragen.

Sonntag, 29. März 2020

Zeit-Umstellung

In der vergangenen Nacht wurden um 2 Uhr die Uhren auf 3 Uhr vorgestellt. Aus der Mitteleuropäischen Normalzeit wurde die Mitteleuropäische Sommerzeit.
Für mich beginnt damit erfahrungsgemäß die monatelange Phase, in der mein inneres Gefühl davon, wie spät es ist, nicht übereinkommt mit der Uhrzeit, die auf den Uhren angegeben wird.

Mein Gefühl davon, ob es früher Morgen, Mittag oder Abend ist, wird stark vom Tageslicht gesteuert. Es verändert sich parallel zu den länger und kürzer werdenden Tagen im Jahreskreis, und ist dabei abhängig vom Lichteinfall, also letzten Endes dem Sonnenstand zu einem bestimmten Moment.

Menschen wie ich, die aus dieser inneren Uhr heraus leben und die äußere Uhr nur als Korrektiv benutzen, haben große Mühe mit dem Versetzen der Uhrzeit. Das Gefühl: 'es ist jetzt ungefähr so und so viel Uhr' bleibt ja orientiert an dem, was bis gestern gegolten hat. In unseren Breiten- bzw. Längengraden kommt die Mitteleuropäische Normalzeit den Lichtverhältnissen des tatsächlichen Sonnenstandes am Nächsten.
Die Sommerzeit tut dagegen so, als ob wir eine Zeitzone östlicher leben würden. Denn dort steht tatsächlich die Sonne am höchsten um die MESZ-"Mittagszeit". Aber in unseren Breiten... wenn jetzt, nach der Umstellung, angeblich Mittag ist, ist in Wahrheit der höchste Sonnenstand noch eine lange Weile entfernt. Im Hochsommer steht hier die Sonne um etwa 13:30  MESZ am höchsten.

Menschen wie ich, die aus der inneren Uhr heraus leben, sind den ganzen Sommer eigentlich durchgehend 'zu spät'; die Uhrzeit auf der Uhr steht dem eigenen Zeitrhythmus entgegen, der auf der Korrelation von Tageslicht und Uhrzeit gemäß dem natürlichen Verlauf beharrt. Dieser entsprechend wäre im Hochsommer "Mittag" um ca. 12:30 MEZ; wirklich am Mittag!

Sehr schön illustriert wird das durch Erlebnisse, die ich Mitte der 80er Jahre hatte, als ich an meiner Diplomarbeit schrieb. In solchen Zeiten ist die Zeiteinteilung des Tages wenig von äußeren Bedingungen geprägt; Öffnungszeiten von Bibliotheken und Ladenöffnungszeiten waren damals, als man noch ohne Laptop und Internet studierte, die wesentlichen äußeren Strukturmomente. Damals schlossen Läden noch grundsätzlich um 18:30 Uhr.

Ich war zu der Zeit keine Frühaufsteherin, und meine produktivsten Stunden waren oft nachmittags. So passierte es mir wer weiß wie oft, dass ich völlig versunken am Lesen und Exzerpieren war, über bestimmte Fragestellungen nachdachte, bis irgendwann sich ein leiser Hunger in mir regte bzw. das Gefühl aufkam: oh, es fühlt sich wie Spätnachmittag an, sieh zu, dass Du noch was eingekauft kriegst!
Wie junge Menschen so sind, Tasche und Portemonnaie gepackt und losgerannt. Um Minuten später - vor verschlossenen Türen zu stehen! Es war deutlich nach halb sieben. Wieder einmal hatte mich mein lichtgesteuertes Zeitgefühl genarrt.

Die sogenannte "Sommerzeit" ist für mich also kein Spaziergang. In den vergangenen Jahren, Jahrzehnten sind es ja nun schon, 40 Jahre, um genau zu sein! ging es mir regelmäßig dadurch nicht besonders gut. Die Zeitarrhythmie fraß Energie. Dazu kam der innere Ärger darüber, dass Politiker uns dies nun schon so lange antun. Nur wegen scheinheiliger Energiespar-Argumente. Und, um - dem alten Herrscher-Gedanken "Brot und Spiele" frönend - den einfachen Gemütern entgegen zu kommen, die einseitig auf die langen Abende schauen, an denen man so schön "draußen was machen", Spaß haben kann.

Für dies Jahr habe ich mir ein Experiment vorgenommen. Ich habe den inneren Widerstand aufgegeben. Die Verärgerung weggeschickt über die, die uns das eingebrockt haben.
Und nun bin ich gespannt, wie es sich den Sommer hindurch anfühlen wird. Ob es anders wird?

Samstag, 28. März 2020

Der Himmel über Zuidbroek

Foto: Frederik Kor, Meeden - Sonnenaufgang am 28. März 2020

Beinahe jede und jeder wird inzwischen gemerkt haben, dass die Luft so sauber ist wie seit langer, langer Zeit nicht mehr. Es ist eine Freude, den Blick zum in den letzten Tagen auch noch meist wolkenlosen Himmel zu wenden und die Klarheit der Luft und das Farbenspiel zu genießen.

23. Juli 2019, 22:15 Uhr,
In den letzten Monaten staunten wir alle, bewunderten vielleicht ehrfürchtig, vielleicht mit mit archaischem Schrecken tief in unserem Innern die dramatisch gefärbten Sonnenunter- und aufgänge, bei denen der Himmel in Brand zu stehen schien.
Der Morgen- oder Abendhimmel färbte sich in wirklich allen erdenklichen Orange und Rottönen, von feuerrot bis hin zu tiefstem purpur.

28. Dezember 2019, 9:16 Uhr
Rottöne bei Sonnenauf- oder -untergang kommen zustande, wen entweder viele Feuchtigkeits-tröpfchen das Licht brechen ('normales' Abend- oder Morgenrot) bzw. wenn sehr viele Staubpartikel in der Luft sind. Zusätzlich zur durchschnittlichen, weltweiten Luftverschmutzung hatten wir in der jüngsten Vergangenheit ja noch u.a. die Auswirkungen der Buschbrände in Australien und der angezündeten Brände des Amazonasregenwaldes.
So gesehen war es vielleicht gar nicht so dumm von unseren Vorfahren, solche Erscheinungen am Himmel als Boten von Katastrophen zu betrachten... Denn sie erzählen ja tatsächlich von klima-katastrophalen Zuständen irgendwo in der Welt.

Nur einige Tage, nach dem C-krisenbeding auch bei uns das Leben auf Sparflamme in, immer mehr Flugreisen abgesagt wurden, weil in den Urlaubsorten bereits weitegehende Ausgans- und sonstige Sperren verhängt waren, fiel mir abends beim Blick aus dem westwärts gerichteten Fenster des Arbeitszimmers die sehr besondere Färbung des Abenddämmerungshimmels auf.

Caspar David Friedrich, Die Lebensstufen (1834)
Er leuchtete in den wuderbarsten Pastelltönen von lachsfarben über sehr hellgelb, türkis bis zu einem tiefdunklen Hellblau. Mein Herz machte einen Sprung. So etwas Schönes! wann hatte ich das zum letzten Mal gesehen? 1972, bei meinem ersten Urlaub allein an der Nordsee? So hatten also die Himmel unserer Kindheit und Jugend ausgesehen...

Philipp Otto Runge,
Der Morgen (1808)
Was ich sah, erinnerte mich an manche Gemälde aus dem Barock und aus der Romantik, und ich dachte an Caspar David Friedrich.

Wie haben wir selbst uns doch das Erleben und Leben der Natur verpestet. Jahrhundertelang haben Menschen solche Himmelsfarben bewundert und auf der Leinwand verewigt. Und wir schaffen es in wenigen Jahrzehnten, dies nicht nur zu zerstören, sonder
n vergessen auch noch, wie es vorher war.

Ich weiß nicht, ob ich es absurd finden soll, oder als Fingerzeig dessen-was-größer-ist-als-unser-Verstand, dass ausgerechnet ein Virus, das eine schwere Lungenkrankheit im Schlepptau führen kann, dazu führt dass wir uns dessen wieder bewusst werden:
Wie gut und schön es ist, mit sauberer Luft zu leben!

Dass das Thema 'Klima auf Gemälden' etwas nuancierter betrachtet werden muss, als ich es angerissen habe, erklärt z.B. dieser Artikel des Spiegel.

Freitag, 27. März 2020

Ein Stück Normalität


Niemals hätte ich mir träumen lassen, dass ein auf den Gleisen hinterm Park passierendes, aus dem Bahnhof ausfahrendes Arriva-Bähnle mich beinahe zu Tränen rühren könnte. Es gibt noch Menschen, die diese Züge fahren und solche, die sie benutzen!

Oder, dass der Anblick der Betriebsamkeit auf dem Gelände des Getreide- und Agrarprodukthändlers jenseits der Gleise in mir eine Art Glücksgefühl auslösen könnte. Wie beruhigend alltäglich, dort Stapler und Förderbänder in Aktion zu sehen und zu hören, an- und abfahrende LKW, die be- oder entladen werden und Menschen, die ihrer Arbeit nachgehen, als sei alles wie immer.

Davon geht eine ungeheur beruhigende Ausstrahlung von Normalität aus. Momente lang kann sie übertünchen, in welcher Ausnahmesituation wir leben. Das ent-spannt, befreit, macht froh.



So wird auch der geräuschvoll bei 'Stop and Go' vollautomatisch die grauen oder grünen Tonnen anhebende, sie unter zwei- bis dreimaligem Ausklopfen leerende Müllwagen zum Baken, das Sicherheit vermittelt: es gibt noch Dinge, die funktionieren wie von Alters her. *)

Es sind unter anderem diese Momente eines Alltages vor dem "C", die mich aufatmen lassen und mir ein Stückchen Kraft geben, aufrecht durch diese herausfordernde Zeit hindurch zu gehen. Was habe ich schon gegen den von jenem Agrargroßhandel ausgehenden Lärm und Staub gewettert oder mich über die Rußpartikel der Dieselabgase von Zügen und LKW auf dem Fensterbrett geärgert!

Alles eine Frage der Perspektive.



*) Dass dahinter Menschen stehen, die in diesen Zeiten riskanter leben als wir, vereinzelt in unseren Häusern, ist nicht vergessen: Dankbar


Donnerstag, 26. März 2020

Zahlenspiele

Von Numerologie habe ich wenig Ahnung. Und meine mathematischen Kenntnisse beschränken sich mittlerweile wieder auf das gebräuchliche Alltagsrechnen.

Trotzdem, mir ist da vor einigen Tagen etwas aufgefallen.

Für die Schule habe ich, wie so viele von uns, George Orwells Roman 1984 gelesen. Damals, im Alter von 16/17 Jahren, schien jenes Jahr unendlich weit weg. Und doch trennten uns lediglich 14 Jahre davon. Doch das war beinahe so viele wie meine gesamte bisherige Lebensspanne, damals.
 
Noch gut erinnere ich mich an die Bangigkeit der Studierenden, als das berühmte Jahr immer näher rückte. Die angekündigte Volkszählung zur Kompletterfassung aller Einwohner/innen der BRD erschien uns als Menetekel; wir warnten proteststark vor vielem. Manchmal mit Erfolg, manchmal erfolglos. Auch nach 1984 blieb unsere Demokratie intakt, und 1989 erfuhr die andere Hälfte Deutschlands eine Befreiung vom diktatorischen Staatssystem und wurde der parlamentarisch-demokratischen Bundesrepublik eingegliedert.
Und so ging das Leben seinen Gang, mit allen Hochs und Tiefs, Bedrohungen, Katastrophen, Glücksmomenten, die wir alle gut erinnern. Orwell und sein 1984 waren vergessen, oder zumindest ganz nach hinten ins Hirnkasterl geschoben.

Vor ein paar Tagen kam das Buch mir - was Wunder !? - wieder in den Sinn. Ich grübelte ein bisschen herum, erinnerte mich, las nach.

Orwell hat seine negative Utopie 1948 beendet. Und mit einem bewusst gewählten Zahlendreher 1984 genannt. Vielleicht erschien es ihm weit genug weg, aber nicht zu weit: 36 Jahre. Welche Gründe er noch hatte, darüber gibt es vielerlei Theorien und Vermutungen; wer im www sucht, wird bestimmt fündig.

Heute leben wir im Jahr 2020, 36 Jahre nach 1984.
Glücklicherweise sind wir weit entfernt von Zuständen wie in jenem Buch. Aber, und da ist eine Parallele, unsere Gesellschaften, wir selbst, befinden uns weltweit in der Auseinandersetzung mit einem für die meisten (so sie nicht Mikrobiologen oder Virologen sind) unsichtbaren Gegner.
Eine Auseinandersetzung, die uns zum eigenen und zum Schutz der anderen, vor allem der physisch Verletzlichsten, Verhaltensweisen aufzwingt, die unserem menschlichen Wesen, unseren seelischen Bedürfnissen zutiefst zuwiderlaufen. Dies wird uns - zu viele Uneinsichtige gefährdeten mit leichtsinnigem Verhalten die Menschen ihrer Umgebung und sich selbst - auferlegt durch Beschlüsse und Maßnahmen der Obrigkeit.  Je nach Land, in dem man sich befindet, mehr oder weniger von Zwangsmaßnahmen begleitet. Zumindest gefühlt guckt ein Obrigkeitsstaat mehr als nur um die Ecke.

1948, 1984, 2020 - alles Jahreszahlen, die in der Quersumme eine 4 ergeben.
Jeweils 36 Jahre Abstand zwischen 1. der Erfindung des Romans, 2. dem Orwell'schen Menetekel und 3. dem jetzt Erlebten Virus-Zustand. Die 36 ergibt in der Quersumme 9.
Etwas zum Knabbern für die Numerologen. Auf geht's!

Wir anderen sind aufgefordert, innerlich und gedanklich sehr wach zu bleiben. So angstfrei und aktiv wie möglich unsere Leben zu leben, wie sie jetzt gelebt werden wollen. Und Herzenswärme, liebevolles Denken und Empfinden durch all unser Handeln hindurchscheinen zu lassen.

Mittwoch, 25. März 2020

Ironie der Geschichte


Ein dreiviertel Jahrhundert trennt uns in diesem Jahr 2020 vom Jahr 1945. 75 Jahre ist es her, dass der 2. Weltkrieg mit der deutschen Kapitulation endlich beendet wurde. 75 Jahre, die vergangen sind seit der Befreiung vom Faschismus.

Über Wochen und Monate, vielleicht Jahre haben allerorten unzählige Gruppen, einzelne Menschen sowie Institutionen ihre Vorbereitungen getroffen, um jenes Momentes zu gedenken. Haben Ausstellungen, Gedenkfeiern, Veröffentlichungen, Zusammenkünfte für den 8. Mai 2020 oder um dieses Datum herum bedacht, vorbereitet, bis ins kleinste Detail geplant.

Und nun kommt so ein Virus daher und macht alles zunichte.

Gerade in jenen Tagen, in denen wir uns aufmachen wollten, des Kriegsendes zu gedenken und die Befreiung vom Faschismus, die damals wieder gewonnene Freiheit, die Demokratie zu feiern, sind wir erneut in die Beschränkung gezwungen.

Das Wort Ausgangssperre - wir kannten es bisher nur aus der Berichterstattung über Kriege und Aufstände fern von uns - geistert durch die Medien, wir haben unsere Bewegungsfreiheit schon eingebüßt, dürfen, um die Weiterverbreitung des Virus einzudämmen, Sozialkontakte nur noch auf Abstand aufrecht erhalten und werden mit panischen Hamsterkäufen und leeren Regalen in den Lebensmittelläden und Drogeriemärkten konfrontiert.

Wir wollten die Freiheit feiern, und sind eingeschlossen in unsere Behausungen.

Gerade darin liegt aber auch eine Chance, für jede und für jeden.
Nun, da wir physisch isoliert sind von einander und nicht mehr einfach überall hin können, wo wir gerade hin möchten; nun, da unser Alltag kein Alltag mehr ist, Schulen und Kindergärten geschlossen sind und viele von uns nicht mehr ihrer gewohnten Arbeit nachgehen können oder gar um ihre Arbeitsstelle fürchten müssen; nun da die Beschränkung von mehr Freiheitsrechten auf der Lauer liegt und man sich Ideen über Maßnahmen auszusprechen traut, die man bis vor kurzem nicht einmal zu denken gewagt hätte; nun, da auf einmal Grenzen wieder geschlossen sind und in manchen EU-Ländern Angehörige von Polizei und Militär die beinahe einzigen sind, die die Straßen noch bevölkern - jetzt wird an unserem eigenen Leibe spürbar, was Freiheit wirklich bedeutet.


Jetzt haben wir die Chance, uns dessen bewusst zu werden. Die Chance, bis in die letzte Faser unseres Seins zu begreifen, zu spüren, was Freiheit für ein hohes Gut ist. Wir haben sie bislang nonchalant für selbstverständlich genommen, weil sie uns in den Schoß gefallen zu sein schien. Aber -

Was für eine unglaubliche Leistung!
75 Jahre in Frieden und Freiheit!

Lasst uns alles tun, um uns dies nach 👑 zurück zu holen und zu erhalten!

Dienstag, 24. März 2020

Freude ins Feld setzen

  In den 80er Jahren lancierte der Biologe Rupert Sheldrake die Idee des morphogenetischen Feldes.
Das ist die Idee eines globalen Informationsfeldes, das z.B. in der Biologie, Physik, Chemie, aber auch in Gesellschaften zu gleichzeitig an verschiedenen Orten auftretenden Entwicklungen führt.


Tagelang schon laufe ich mit der Idee herum, meine Blockflöte wieder zur Hand zu nehmen. Seit Jahren liegt dieses schöne Instrument von Hans Coolsma unbenutzt in seinem Koffer im Regal.
Mit einem auf Alte Musik spezialisierten Profi-Musiker zusammenlebend, traute ich mich bislang nicht, deren Töne in seiner Anwesenheit auf schlichtem Amateur-Niveau durchs Haus schallen zu lassen.
Wie furchtbar würde das in seinen Ohren klingen: die Noten einigermaßen so gespielt, wie sie auf dem Papier stehen, aber weitgehend ohne die für die barocke Musik so kennzeichnenden Verzierungen. Vielleicht noch ab und an ergänzt von Vierteltonverstimmung, hervorgerufen durch nicht perfekt erinnerte Griffe. Wie musste das seine Ohren beleidigen !?!

Nachdem ich mir jedoch die Idee von Christina von Dreien zu eigen gemacht habe, jeden Abend um 21 Uhr jeder für sich und doch gemeinsam der Angst- und Panikstimmung Freude entgegen zu setzen, "ins Feld zu setzen", ermutige ich mich selbst, zu diesem Zweck nun endlich die Flöte wieder zum Klingen zu bringen.

Was für eine Freude allein schon, das Instrument aus seinem Koffer zu holen und zusammenzusetzen. Was für eine Freude, das wunderbare, glatte, kühle Holz in der Hand zu spüren. Den Kopf eine Weile in der Hand zu halten, seine Schönheit zu betrachten und ihn dann anzuwärmen und durch stummes Anblasen wieder mit der Wärme und Feuchtigkeit des Atems vertraut zu machen.

Schon mittags hatte ich den Notenständer aus seiner zusammengefalteten Position befreit und ihn im Gästezimmer im Dachgeschoss aufgestellt, dem in dieser Jahreszeit schönsten Raum des Hauses. "Fünf leichte Stücke aus dem Barock" warteten hier nun auf mich.


Schüchtern und leise (und damit tendenziell leicht verstimmt) blase ich die Gigue aus der ersten Suite vor mich hin. Zwei Etagen weiter unten sitzt Piet am PC und hört Radio. Ich fühle mich einigermaßen sicher. Und doch mache ich nach diesem ersten Stück eine lange Pause, spiele die darauf folgende Angloise "stumm" - nur die Griffe, ohne zu blasen. Aber dann will  ich sie doch klingen hören. Ich traue mich. Und fühle mich wohl, trotz der unvermeidlichen kleinen Fehler.
Wie tut mir das gut, wieder Musik zu machen!

Später am Abend erwähne ich vorsichtig meinem Partner gegenüber das Flöten. Ja, er hat das gehört. (Natürlich!) Ob er sehr schlimm Zahnweh davon bekommen hat? Nein, gar nicht. Er fand es gemütlich, diese Klänge zu hören. Gemütlich. Vertraut. Gehört zum Zuhause. Schön.
Ein großes Glücksgefühl durchströmt mich. Jetzt war doppelte Freude ins Feld gestellt.

Die Sammlung "Fünf leichte Suiten" entstammt zwei anonymen Handschriften der Mecklenburgischen Landesbibliothek Schwerin und enthält Originalsätze für Altblockflöte. Sie wurde von Dietz Degen bei Schott herausgegeben.


Montag, 23. März 2020

Meine Seele hört im Sehen

Heute feiere ich den Frühling!

Der Tag ist strahlend sonnig, wenn auch noch immer ein kalter, lebhafter Südostwind weht. Durch die Nachtfröste haben all die vorwitzigen Frühjahrsblüher wie Tulpen, Narzissen und Hyazinthen ihren Wachstumsprozess für den Moment angehalten. Hoffen wir, dass die Minusgrade der kommenden Nächte ihnen weiter nichts anhaben werden.

Ich betrachte aus dem rückwärtigen Fenster im ersten Stock den kleinen, öffentlichen Park hinter unserem Haus. Am weitesten vorgewagt haben sich die Trauerweiden, sie sind voll kleiner, frühjahrs-hellgrüner Blättchen. Ein hellgrüner Schimmer umgibt die Kronen, ja den ganzen Baum, dessen Zweige beinahe ins Wasser des Teiches hängen. Die Gänse sind heute nicht zu sehen. Auch nur wenige Enten haben sich hierher gewagt. Zu kalt?
Trotzdem liege eine wunderbare frühlingshafte Atmosphäre über allem. Die Luft ist von einer beinahe nicht auszuhaltenden Klarheit. Der Himmel wolkenlos blau, und kein einziger Kondensstreifen verteilt seine weißen Wölkchen über das Blau. Was für ein großartiges, optimistisches, energievolles und ermutigendes Bild!

Ich lasse mich ganz und gar mitnehmen von dieser Stimmung, bis sie vollständig mein Herz erfüllt. Ein unglaubliches Leuchten breitet sich in mir aus. Herzenergie, sagen die, die sich mit Chakren auskennen.


Mich macht es glücklich. Und Glücksgefühle können wir alle besonders gebrauchen in dieser Zeit, in der das C-Thema alles zu beherrschen scheint.

Von diesem Glücksgefühl lasse ich mich durchdringen und nehme es mit in meinen neuen Alltag. Ich fülle in Gedanken damit unser Haus, verschenke es an meinen Partner, gebe es weiter an alle, mit denen ich verbunden bin und an alle, die heute unser Haus passieren.


Mir fällt die Arie "Meine Seele hört im Sehen" ein, die Georg Friedrich Händel auf einen Text von Berthold Heinrich Brockes im Rahmen seiner "9 Deutschen Arien" zwischen 1724 und 1727 komponierte:
Meine Seele
hört im Sehen,
Wie, den Schöpfer
zu erhöhen,
alles jauchzet,
alles lacht.
Höret nur,
des erblühnden
Frühlings Pracht
Ist die Sprache der Natur,
Die uns deutlich
durchs Gesicht,
Allenthalben
mit uns spricht.

Für diejenigen, die die Musik anhören möchten, habe ich eine Aufnahme mit der unvergleichlichen Emma Kirkby und London Baroque aus dem Jahr 1985 ausgewählt: youtube



Sonntag, 22. März 2020

All Morgen ist ganz frisch und neu

Ich werde wach, weil die Gänse, die seit einigen Wochen tagsüber in den Weihern im Park zu Gast sind und auf den Wiesen fouragieren, mit lautem Geschnatter angeflogen kommen und landen.

Ein wunderbarer, sonniger Tag! So richtig Frühling!

Ein Wetter, um aus dem Bett zu springen und etwas Schönes zu unternehmen. Vielleicht fahren wir heute mal nach......
- und dann schießt mir die Erinnerung wieder durch den Kopf: wir leben in den Zeiten der Virusbedrohung.

Solche Momente gibt es öfter am Tag.

Gestern Abend vor dem Schlafengehen, beim Zähneputzen. Die selben Verrichtungen wie jeden Abend, seit 6 ½ Jahrzehnten inzwischen. Nur die Sorte Zahnbürste, die Zahncreme und das Dekor um mich herum veränderten immer mal wieder. Das heutige Dekor umgibt mich nun seit beinahe acht Jahren, lang genug, sich aufgehoben und heimelig zu fühlen.
Es fühlt sich an wie immer. Es sieht um mich herum aus, wie immer. Die Vertrautheit der Wiederholung, des Immer-Gleichen, die nicht nur langweilig sein muss, sondern die auch Geborgenheit gibt. Mein Nest. Mein Bau. Mein sicherer Hafen. Und morgen wird es genau wieder so sein, und übermorgen, und nächstes Jahr, und in zehn Jahren...
Und da war sie dann wieder, die Erinnerung: wir leben in Zeiten der Virusbedrohung.

Nichts ist wie immer!
Routinen bieten keine Zuversicht und keine Geborgenheit mehr.


Anderes muss an deren Stelle treten.
Eine Kraft, die aus dem Inneren kommt und ihre Stärke aus dem Bewusstsein bezieht, dass wir alle Teil derselben Lebens-Kraft sind, die in allem um uns hin anwesend ist.
Urvertrauen zurückerinnern.

In dieser Gewissheit begab ich mich gestern Abend in die Nacht.
Und begebe ich mich in diesen Tag.

In der Verbundenheit mit Allem-Was-Ist bereit, die Aufgaben anzunehmen, die heute zu mir kommen.

Dankbar

Heute will ich all den vielen, vielen Menschen danken, die dafür sorgen, dass unser Leben einigermaßen geregelt weitergehen kann.

Vor allem und zuallererst aber danke ich all jenen, die sich mit ihrer gesamten Kraft für die Erkrankten einsetzen bzw. für diejenigen, die nicht wissen, ob sie nur erkältet sind, eine Grippe haben oder doch infiziert wurden: Schwestern, Pfleger, Ärztinnen und Ärzte, in Krankenhäusern und Praxen, Arzthelferinnen, Laboranten und Laborantinnen, Rettungssanitäter und -sanitäterinnen, den Menschen in den Labors, die die Tests ausführen und jenen, die an einem Impfstoff oder einer Arznei gegen das Virus forschen. Dank auch an jene, die Arzneien, Desinfektionsmittel, Mundschutze usw. verteilen bzw. produzieren und so eine gute Behandlung mit sicherstellen.

Und dann sind da all die, die unseren Lebensalltag so erst möglich machen, und auch ihnen danke ich aus tiefstem Herzen für ihren Einsatz:

Denjenigen, die dafür sorgen, dass wir weiterhin Gas, Strom, sauberes Trinkwasser, Abwasserentsorgung und Brandstoff haben, und nächtliches Licht in den Straßen.
Denjenigen, die dafür sorgen, dass wer immer jetzt auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, diese auch weiterhin benutzen kann.
Den Bäuerinnen und Bauern, die unsere Lebensmittel produzieren.
Und denjenigen in den Betrieben, die dafür sorgen, dass wir trotz aller Hamsterer auch weiterhin Nudeln und WC-Papier kaufen können, und vieles mehr.
Denjenigen, die solche Waren verpacken, und denen, die dies alles zu uns bringen.
Den Verkäufern und Verkäuferinnen, Kassiererinnen und Kassierern in den Geschäften, die uns ermöglichen, weiterhin Lebensmittel einkaufen zu können.
Denjenigen, die das, was was wir nicht selbst verwerten können, abholen, sortieren und recyclen, kompostieren oder verbrennen.
Ich danke den Menschen bei den Post- und Paketdiensten, die mithelfen, dass wir weiterhin Briefe unserer Lieben erhalten bzw. zu jenen auf den Weg bringen können und die dafür sorgen, dass wir aunsere aus sicherem Abstand bestellten, lebensnotwendigen Waren auch weiterhin erhalten können.
Und den Zeitungsmacher/inne/n danke ich und denjenigen, die uns in Radio, TV und Internetredaktionen mit gesicherten, zuverlässigen Informationen versorgen.

Und dann sind da noch die, die die elektronischen Prozesse im Hintergrund betreuen und so dafür sorgen, dass alles Genannte überhaupt funktioniert.




Bestimmt habe ich noch Einzelne vergessen, bitte verzeiht mir.
Aber auch Euch sage ich aus ganzem Herzen Dank!
Was für eine großartige, vielfältig ineinander greifende Zusammenarbeit! Was für eine Maschinerie, hinter der ganz, ganz viele Menschen stehen - und alle, alle sorgen dafür, dass jede und jeder Einzelne von uns so leben kann, wie wir jetzt leben.

Ist das nicht ein kleines, nein eigentlich sogar ein riesengroßes Wunder?

Freitag, 20. März 2020

Abhängigkeiten neu betrachten

Diese Zeit beinhaltet eine große Chance für viele Menschen. Alle Routinen des Alltagslebens sind angehalten. Tägliche Hektik und Stress, Leistungsdruck und Produktionsdruck haben Ruhe und Stille Platz gemacht. Terminkalender sind mit einem Schlag leer. So gut wie keine Verpflichtungen mehr.
Das Leben ist auf die grundlegenden Aktivitäten zurückgefahren. Und auch die Ökonomie wird auf die grundlegenden Aktivitäten zurückgefahren.

Die allgemeinen, versorgenden, öffentlichen Dienstleistungen werden auf einmal wieder in unser Bewusstsein gerückt, und wir begreifen wieder, wie wichtig für unser gesamtes Lebenkönnen all die Menschen sind, die dort arbeiten.
Und wie schlecht werden sie üblicherweise entlohnt für ihren Einsatz für die Gemeinschaft!

Wir anderen aber, wir verfügen nun über wahre Ströme von freier Zeit.

Dies ist unsere große Chance als Menschheit, das Ruder umzuwerfen.
In diesem "Loch in der Zeit" haben wir die Stille und die Muße geschenkt bekommen, uns auf die Dinge zu konzentrieren, die wirklich wichtig sind.
Wir haben die Stille und die Muße geschenkt bekommen, neu über das Leben, unser Lebe nachzudenken.
Ist das, was wir nun aufgrund der Umstände nicht mehr können, auch nicht mehr müssen, das, was wir wirklich wollten mit, in unserem Leben?
Konnten wir in den Alltagsumständen, die nun verschwunden wurden, überhaupt diejenigen sein, die wir wirklich sind?

Wer sind wir eigentlich wirklich, ganz in unserem Inneren?


Uns wird jetzt wirklich viel, sehr viel freier Zeit-Raum geschenkt. Wir können bedachtsam all diesen und noch viel mehr Fragen nachgehen.

Wir haben, als Menschheit insgesamt, die einmalige Chance geschenkt bekommen, zu neuen Ergebnissen zu kommen und das Ruder herum zu werfen.

Donnerstag, 19. März 2020

Kumquats und Beethoven

So fühlt es sich also an. Das Anwesend sein.

Das Obst auf dem Schneidebrett - zum ersten Mal betrachte ich mir, wie schön so eine in Scheiben geschnittene Kumquat ist. Wie ein kleines Rad sieht so ein Scheibchen aus.

Für die Budwig Quark-Leinöl-Speise muss ich Quark mit Leinöl mischen. Goldgelbes Leinöl und weißen Magerquark. Während ich mit dem Schneebesen rühre, sehe ich die wunderbaren Muster, die entstehen, wenn sich das Goldgelb mit dem Weiß vermischt im Rhythmus meines Rührens. Bis schließlich das eine vom anderen immer weniger getrennt wahrnehmbar ist und schließlich zu einer homogenen, ecrufarbenen Creme wird.

In der Tat, welche Menge an Eindrücken, die ich sonst nur am Rande oder gar nicht wahrnehme.

So bekommen auch die Zimmer in meinem Haus neu Gestalt. Von der Kulisse, in der ich bislang herumgelaufen bin und innerlich mit sonstwas beschäftigt war, verändern sie sich zu einer Art eigenständigem Wesen, mit dem ich hier zusammenlebe.
Die übervollen Bücherregale im Arbeitszimmer, die großen Schreibtische, an denen mein Mann und ich uns gegenüber sitzen, alle Dinge, die darauf herumliegen. Bei ihm geordnet, bei mir in halbwildem Chaos, das seine eigene Ordnung hat. Dies alles 'erzählt' mir auf einmal von sich, von ihm, von mir.

Die Büste von Beethoven, die seit Jahr und Tag im Charivari-Fach des Bücherregals zwischen Familienfotos, dem Struwwelpeter, Max und Moritz, dem Groninger Orgelkalender von 2018, einem niemals aufgehängten Adventsstern, den irgendwann ein Kinderprojekt an der Tür verkaufte, einer historischen Stimmgabel und einer Gedenkmedaille ihr Dasein fristet, scheint mir zu zu nicken, mich an zu lächeln: heute habe ich sie erstmals seit dem Einrichten dieses Hauses wieder wahrgenommen.


Achterbahn der Gefühle

Eine Krise wie diese Epedemie (es fällt noch immer schwer, dieses Wort im Zusammenhang mit dem eigenen Erleben, dem eigenen Leben zu benutzen) verändert eine doch sehr.
Nun, da es überlebenswichtig ist, das spirituelle Bewusstsein wach zu halten, erinnern die immer neuen Ereignisse, die sich überschlagenden Nachrichten, immer wieder neu daran. Es gilt, stets wieder aufflammende Angst und Panik anzunehmen und danach los zu lassen.

Dies bedeutet: immer neu daran erinnert werden, dass es gilt, im Jetzt zu leben, den Moment und das, was ich tue, bewusst zu leben und zu erleben. Kontakt zu haben, wirklichen Kontakt, mit den Dingen, die ich tue und mit denen ich umgehe. Oder die 'äußeren Umstände' bringen mir wie oft am Tag in Erinnerung, dass ich Reiki senden muss, sollte, will. Und dann nehme ich mir die Zeit, die ich ja habe - der Terminkalender ist vollkommen leer, und es kommen auch keinerlei Termine hinzu -, beginne mit der Gassho Meditation und sende Reiki.

Im normalen Leben versinke ich viel schneller wieder im Alltagsbewusstsein und vergesse, was ich mir vorgenommen habe. Nun gibt es Momente ohne Zahl an einem Tag, die dies Versinken im Alltagsbewusstsein verhindern. Der Partner hustet. Ohje! Mir läuft die Nase. Ohje! In den Nachrichten werden irgendwelche neuen, erschreckenden Zahlen vermeldet. Ohje, ohje!

Die Emotion der Bedrohtheit bricht sich sehr schnell Bahn und will aufs Neue angesehen und verabschiedet werden.







Und erneut ist es die Aufgabe, sich des Momentes bewusst zu werden und all dessen, was in diesem Moment anwesend ist.

Dienstag, 17. März 2020

Wege aus der Angst

Ich beschließe, dies als eine Zeit der spirituellen Herausforderung zu nehmen.

Ich packe mein Leben wieder angstfrei an und kehre zurück in die Aktivität. Mit dem Gedanken: 'und sollte ich morgen sterben müssen, dann habe ich doch bis dahin gut und lebendig gelebt.'
Eigentlich sollten wir Vergänglichen immer so leben, aus der vollen Kraft und in der vollen Konzentration, Bewusstheit.

Die Situation jetzt, mit 👑 zwingt dazu.
Ich beschließe, alle Grübeleien und Träumereien in eine befürchtete Zukunft oder in eine schöne oder traurige Vergangenheit einzustellen und im aktuellen Moment anwesend zu sein.

Sobald mir dies gelingt, geschieht Erstaunliches. Die Dinge, mit denen ich mich beschäftige, scheinen größer und realer zu werden, deutlicher. Zum Beispiel wird mir, während ich dies in mein Notizbuch schreibe, die Textur des Papieres auf einmal bewusst, ich fühle sie auf der Haut meiner Finger der linken Hand und an der Seite meiner rechten, der Schreibhand. Wie glatt dies Papier ist, wie sanft meine Hand darüber hingleitet, während ich sie schreibend darauf bewege.

Was für eine unglaubliche Fülle an Eindrücken stürmt nun auf mich ein. Beinahe überwältigend, schmerzhaft, beinahe nicht auszuhalten. Gleichzeitig durschströmt mich ein ungeheures Glücksgefühl und eine große Dankbarkeit: wie wunderbar, dies alles fühlen zu dürfen!

Das Grübeln dagegen schirmte mich von all dem ab. Wie in einem Tunnel fühlt es sich an. Meine Hände, mein Körper tun auf Autopilot das Eine, z.B. mein Frühstücksmüsli zubereiten, Tee kochen, Obst schneiden, und mein Geist, meine Gedanken, sind mit dem anderen beschäftigt. Z.B. ausgelöst durch eine Körperempfindung: "Hilfe es kribbelt in meiner Nase!" - kommen allerlei Ängste zum Vorschein und werden die grässlichsten Horrorszenarien ausgemalt, was alles passieren könnte, wenn. Die Phantasie und der Gedankenstrom legen sich dabei ordentlich ins Zeug und malen so unt und so erschrecken, wie sie nur in der Lage sind. Was natürlich außer immer mehr im Tunnel abzutauchen und den gesamten Körper auf Alarmzustand zu setzen: "Angst!", "Bedrohung!", "Gefahr!" - nichts bewirkt.

Es hat keinen Sinn.
Aber stell es mal ab!...



Ja. Ich stelle es jetzt ab.
Und kehre zurück ins Jetzt.
Ich konzentriere mich auf Sinneseindrücke und auf das, was ich tue.
Kehre zurück zu meiner Frühstückszubereitung.


Montag, 16. März 2020

Am Freitag, dem 13. März 2020

Die Pandemie zwingt die Menschheit, über ihre Identität nachzudenken.
In der Bedrohung schalten wir komplett zurück auf den "Überlebensmechanismus", sehen uns jeder komplett getrennt von allen anderen.
Die Verhaltensmaßregeln bekräftigen dies noch, da im Gemeinsam-Sein die Gefahr der Virenübertragung groß ist.
So verkriecht sich jede und jeder in ihr bzw. sein Gehäuse und versucht als Individuum, zu überleben.

In Wirklichkeit aber ist alles mit allem verbunden und müssten wir als Gemeinschaft alles tu, damit gerade die, die schwach sind oder schon angesteckt, alle Kräfte bekommen, um zu überleben.

So eine Epedemie hält uns als Menschen den Spiegel vor.
Wir fallen zurück in die Getrenntheit "Hier ich. Dort Du. Und entweder ich überlebe. Oder Du. Jedenfalls muss ich alles dafür tun, dass ich überlebe."

Nein!

Wir sind alle eins, selbst mit der gesamten Natur sind wir eins. Untereinander verbunden, verschiedene Ausprägungen der einen, geistigen Macht und Kraft.
Was heißt das für das Verhalten in der Krise?
Wir müssen vor allem die Liebe und Verbundenheit untereinander gedanklich und emotional am Leben erhalten und immer wieder neu in uns werwecken. Wir müssen leben im Bewusstsein der Verbundenheit mit Allem, was ist. Mit der Natur um uns herum. Mit allen Wesen um uns herum.

Der 'Überlebensmodus' sieht alles als feindselig und bedrohlich an. Und geht dann in die Angst.

Der 'Lebensmodus' fühlt die Verbundenheit mit allem, was ist, ist in der Liebe und im inneren Licht und strahlt darum Optimismus und Freude aus, erfreut sich am Leben an sich.
Ist dankbar für jede Minute.
Und für alles, was in diesem 'ewigen Jetzt' gelebt werden (und geteilt werden) kann.