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Dienstag, 2. Juni 2020

Luthers Apfelbäumchen




Zinaida Serebriakova, "Apfelbaum", um 1900
 "Auch wenn ich wüsste, dass morgen die Welt zugrunde geht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.”   

Dieser Martin Luther zugeschriebene Ausspruch hat in der Zeit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg, lanciert durch verschiedene Amtsträger der Evan-gelischen Kirche, große Popularität erreicht. Eine derartige Aussage ist in Luthers ganzem Werk nicht zu finden; schriftlich taucht sie erstmals 1944 in einem Rundbrief der Bekennenden Kirche in Hessen auf. Nach Kriegsende und in den ersten Nachkriegsjahrzehnten haben dann Viele daraus Stärke und Trost bezogen. Und auch mir kann dies Wort in manchem Moment in der derzeitigen Situation eine Hilfe sein. Ob es nun von Luther ist oder nicht.

Die Allgegenwart der Bedrohung – dazu reichen die sporadischen Nachrichten, die ich mithöre, wenn mein Partner das Radio laufen hat bzw. das, was bruchstückhaft von der Übersichtsseite meines Webmailers bzw. von Facebook-Bekannten geteilt aus dem News-Feed in mein Bewusstsein dringt – kann schon mal Hoffnungslosigkeit aufkommen lassen.

Welch ein Vertrauen in das Leben, die Natur, welch ein Gottvertrauen auch setzt dieser Satz dagegen. Es ist dieses große 'Dennoch', das immer wieder die Scheidelinie markiert zwischen sich von der Welle überspülen lassen und untergehen – oder alle Kraft zusammen nehmen, kämpfen und leben.

Ich gebe zu, mir fällt dies 'Dennoch' nicht immer leicht. Von Natur aus bin ich wohl keine sehr enthu-siastische Kämpfernatur. 

Aber ich weiß, dass darin die einzige Möglichkeit besteht, einigermaßen unbeschädigt aus diesem Wahnsinn heraus zu kommen. Den Irrsinn an mir ablaufen lassen, so dass er in der trockenen Erde versickert, von ihr aufgesogen wird. Weg.

Mich jeden Tag erneut dem Leben öffnen. Anschauen, was es mir heute präsentiert, was er heute von mir will und daraus meinen Tag gestalten.

Das kann eine Kombination verschiedener Aufgaben im Haushalt sein, abgewechselt mit Lektüre eines Buches, Herumstromern im Internet, einem Gang durch den Garten mit hier was zupfen und da was richten, nicht zu vergessen der tägliche Spaziergang.

Das kann einer der Tage sein, da liegen 4 Briefe von Brieffreundinnen auf einmal im Briefkasten, der Blog will noch geschrieben und online gestellt werden, und die Bilder dazu habe ich auch noch nicht herausgesucht. Oder die Runde durchs Haus ist dran, bei der alle auf 3 Etagen verteilten Pflanzen Wasser bekommen. Und dann waren da noch die 2 Blockflöten, die gespielt werden wollen. Oder es ist Einkaufstag im Bioladen. Das Meditieren will seinen Platz im Tag bekommen, und dann gibt es auch noch allerlei hochinteressante Interviews von einem Online-Kongress anzuhören. Und am angefangenen Pulli fehlt noch immer das Halsbündchen. Hinterm Zaun oben am Ufer zum Schloot müssen Riedgras, Ackerschachtelhalm, Efeu, Jakobskreuzkraut und vereinzelte Löwenzähner in die Schranken verwiesen werden.

So ergeben sich immer Dinge, die an einem Tag getan werden wollen.Das klingt alles andere als aufregend, und es hält keinen Vergleich aus mit der Freiheit, jederzeit in einen Zug steigen und in die Stadt fahren zu können, um ein Museum zu besuchen, um Einkaufen zu gehen, um die Schönheit Groningens zu genießen und vielleicht noch friet oder ein ‚broodje haring‘ zu schnabulieren. Oder schnell eben mit der Bahn nach Scheemda zu fahren auf eine Tasse Kaffee mit der Freundin dort. Oder mit der Freiheit, immer dann nach Frankfurt zu reisen, im Zug, wann ich innerlich wieder so weit bin, Großstadtluft schnuppern zu müssen.
Es kann auch nicht heranreichen an Tref-fen mit gleichgesinnten Menschen in einer meiner spirituell-philosophischen Gruppen.
 
Aber es ist auch nicht nichts.
 
Ein Apfelbäumchen habe ich nicht gepflanzt. Aber Tomaten. Da sind schon die ersten Blüten zu sehen. Und die ersten Monatserdbeeren habe ich auch schon geerntet.

Montag, 17. Oktober 2022

Heldenreise?

Titelbild einer frühen Ausgabe des
gleichnamigen Buches von Peter Orben.
Vergriffen, antiquarisch zu bekommen.

Die soziologische Diplomarbeit, die ich mit einer Kommilitonin Anfang der 80er Jahre über ein Seminar geschrieben habe, in dem der Phantasiereisenzyklus "Die Reise des Helden" von Peter Orban durchlebt wurde, haben wir "Tanz auf dem Vulkan" betitelt. Damals, etwas über 30 Jahre alt, wussten wir nicht, worüber wir sprachen mit diesem Titel. Vulkan, das schien uns – psycho-logisch gesehen - brodelnde Lebendigkeit mit von 'der Gesellschaft' als bedrohlich eingeschätzten Elementen zu sein. Wir lebten in der Großartigkeit unserer frühen Lebensjahre und in dem Gefühl, alles, was uns begegnet, meistern zu können. Auf dem Vulkan zu tanzen hatte große Anziehungskraft, und natürlich waren wir überzeugt, dass jener uns nichts anhaben könne, wenn wir ihm nur auf die richtige Weise begegnen.

Die 70er Jahre mit ihrem Aufbruchsoptimismus (Willy Brandt: "Wir wollen mehr Demokratie wagen!") waren noch nicht lange vorbei, und der gigantische Roll-Back der jahrzehntelang anhaltenden Kohl-Ära hatte gerade erst angefangen. Was er für fatale Folgen haben sollte, war noch lange nicht zu fühlen.

Heute leben wir alle wirklich auf einem Vulkan. Und zwar einem, der ganz schwer grummelt und poltert und eklige Schwefelgaswolken ausstößt. Wohl dem, der heute noch tanzen kann!

An sich wäre nichts wichtiger, als das. Gerade angesichts der aktuellen Lage. Lebendigkeit ausdrücken und Optimismus, bei gleichzeitig vernünftiger Vorsorge ohne Panik.
Mir fällt das aktuell unsagbar schwer.

Eingefallen dazu ist mir mein eigener Blogpost vom 2. Juni 2020 über "Luthers Apfelbäumchen".  'Damals', gefühlt ein Jahrhundert weit weg und doch nur zweieinhalb Jahre her, waren wir noch ganz am Anfang der nicht enden wollenden Krisenzeit. Ach ja!
Jetzt ermutige ich mich selbst ein bisschen, indem ich den Post noch einmal lese.

Allerdings bin ich inzwischen um Einiges ausgelaugter als damals. Eben gerade durch das Nichtendenwollen der einander ablösenden Krisen, die auch noch größtenteils hausgemacht sind. Und mein Körper hat allerlei Ungemach manifestiert inzwischen, wie bei so Vielen um mich herum. Gerade die bewussteren Menschen, die weiter schauen als zum Rand des mediengetöpferten Tellers, haben es oft am schwersten.
Und trotzdem.

Wenn ich nicht gerade völlig erschöpft bin von einem dieser körperlichen Symptome, spüre ich es selbst auch. Es gibt keine Alternative zu dieser Haltung. Das Leben mit aller Kraft und mit so viel innerem Licht wie möglich leben. Das Herz weit öffnen und ihm viel, viel Raum geben.

Eine der mir inzwischen ans Herz gewachsenen Online-Freundinnen, sie lebt weit weg von hier im voralpinen Süden, hat gestern in unserem Gruppenchat das so berührende Bild geteilt, das ich für einen – ebenfalls aus dem Jahr 2020, dem Juli stammenden – Blogbeitrag zu 'Kopf und Herz'  auch gefunden hatte.
So berührend!
Und so wichtig! Danke dafür, Du Liebe❣️ Dieser Gruppenchatpost hat mich herz-lich erinnert und in mir etwas bewegt.

Und so lasse ich es für heute bei der Erinnerung an Tips und Techniken, die ich schon einmal beherrscht und beherzigt habe.
Auch das gehört zum "am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen": wende das an, was Du weißt und was Du kannst.

Viel gelesen