Mitte März bis 10. April 2020 täglich. Ab 11. April 2020 erscheinen die Beiträge jeden zweiten Tag. Ab Montag, 22. Juni 2020 immer Montag und Donnerstag abends. Ab Montag, 13. Dezember 2021 am Montagabend nach 22 Uhr.


Montag, 30. August 2021

Opa strickt

Gestern am späten Abend flatterte mir eine kleine Geschichte aufs Handy. Geteilt von einer lieben Freundin. Diese Geschichte kam wie gerufen. Ein kleiner, rettender Engel zur Nacht. Nach all den unerquicklichen Nachrichten und Informationen der letzten Zeit – angefangen bei dem, was in Afghanistan passiert bis zu den neuesten Säuen, die in C-Land durchs Dorf getrieben werden wie die Tatsache, dass man in Hamburg nur unter g-g-g-Bedingungen live wählen darf und die Idee der Kanzlerin, in allen Fernzügen demnächst auch nur noch g-g-g zuzulassen, selbst wenn ihre Minister dagegen sind – konnte ich wirklich eine Aufmunterung gebrauchen. Voilà!

Wir stricken unsere Realität…

„Opa, kann ich dich fragen, warum ich dich jeden Nachmittag auf dieser Bank auf dem Platz sitzen sehe und du in Richtung Sonne lächelst?“
Der alte Mann senkte langsam den Kopf, hielt kurz inne, sah ihn mit großer Zärtlichkeit an und antwortete mit großem Frieden: "Ich stricke".

Der Junge lächelte. "Wie strickt man ohne Wolle und Nadeln Großvater?"

"Ich stricke Realitäten", sagte der alte Mann.

"Es mag so aussehen, als würde ich hier nichts tun", fuhr er fort, "aber indem ich ruhig bleibe, lasse ich mein Herz eine harmonische Umgebung schaffen. Ich segne auch alle, die an diesem Platz vorbei kommen, mit meinen Gedanken und Absichten, damit sie den besten Tag haben. So stricke ich. Ich grüße sie immer mit Liebe, ich lächle sie offen an, und wenn ich sie traurig sehe, hebe ich meinen Stock und sage: Komm schon, das wird schon wieder. Ich bitte auch die Vögel mir dabei zu helfen, ihnen Kraft durch ihren Gesang zu geben, weil ihre wunderbaren Klänge revitalisieren und heilen".

Der Junge war absolut erstaunt. Er konnte nicht glauben, was er hörte.

"Bei dieser leuchtenden Aufgabe, der Erschaffung einer harmonischen Umgebungen beizutragen, bin ich nicht alleine", bemerkte der Alte. Er breitete seine Arme aus und rief:

„Sieh dir die Schönheit an, die die Bäume ausstrahlen. Rieche den wundervollen Duft, den die Blumen mit uns teilen, ohne etwas dafür zu verlangen. Schau dir die unermüdliche Arbeit dieser Bienen an und sieh, wie frei die Hunde spielen. Fühle, wie der Wind dich streichelt. Die Existenz strickt auch, auf ihre Art. In meinem Fall stricke ich gerne mit Lichtfäden, deshalb öffne ich jeden Nachmittag mein Herz, damit die Sonnenstrahlen eintreten, mich streicheln und sich zusammen mit meinen reinsten Gefühlen auf dem Boden verankern, damit Mutter Erde spürt, wie sehr ich sie liebe".

Schließlich betonte der alte Mann: „Egal wie alt wir sind, wir alle können dazu beitragen, den Stoff
einer bewussteren, sensibleren, solidarischen und menschlicheren Welt zu weben, indem wir unsere besten Absichten über die Grenzen hinaus reisen lassen. Wir können auch viel Liebe ausstrahlen, damit sich Wunden schließen, Herzen öffnen und jeder sein maximales Potenzial erreicht, um die transformierende Kraft einfacher Dinge zu entdecken".


 

Die Augen des Jungen begannen zu leuchten. Und in diesem Moment flüsterte der Junge dankbar: „Ich gehe nach Hause Opa. Ich muss das alles meiner Mutter erzählen, denn sie, die zu den Menschen gehört, die ich am meisten liebe auf dieser Welt, strickt immer noch mit Wolle und Nadeln".

 -Julio Andrés Pagano -

Donnerstag, 26. August 2021

Zwischenfazit

Aktueller (13. August 2021) Stufenplan der niederländischen Regierung zur sogenannten
Aufhebung der Maßnahmen
18 Monate, eineinhalb Jahre geht das jetzt schon, dieses ganze C-Chaos. Und kein Ende absehbar. Seitens der Politik und vieler Medien wird, jedenfalls in Deutschland, geunkt und gewarnt, gedroht und gestraft, manches belohnt, viel beschimpft, etikettiert und ausgeschlossen. Schön ist anders. Angenehm ist auch anders.

Viele Menschen haben dies alles einfach vorn und hinten, oben und unten, rechts und links, schlichtweg komplett: satt.

Die Politik in den Niederlanden versucht, diese emotionale Lage durch in Aussicht gestelltes, allmähliches Zurückdrehen der Maßnahmen zu entspannen. In der nebenstehenden Übersicht wird der der Bevölkerung präsentierte Stufenplan dargestellt.

Bis 19. September bleibt alles, wie es zur Zeit ist. Ausnahme: weiterführende Schulen und Hochschulen, wo die eineinhalb-Meter-Regel ab 30. August aufgehoben wird, aber dafür Maskenpflicht besteht und eine Begrenzung auf 75 Anwesende pro Hörsaal.

Ab 19. September scheint es beinahe ein Schlaraffenland zu werden. Auf den ersten Blick werden alle möglichen Einschränkungen aufgehoben. Eine Menge Icons sind auf dem Plakat durchgestrichen.
Eigentlich aber ist es eine Verschlechterung, denn bislang darf man fast überall ohne getestet-genesen-geimpft-Nachweis hin. Halt mit eineinhalb Meter Abstand. Nach dem 19. September wird die Begrenzung der Maximalanzahl Menschen pro Raum aufgehoben, wird die eineinhalb-Meter-Regel aufgehoben, fällt die Maskenpflicht, fällt die Sitzplatzpflicht im Gastgewerbe, fällt das Verbot für Events. 
Aber
: überall, wo mehr als 75 Menschen zusammenkommen, egal ob drinnen oder draußen, gilt ab diesem Moment die 3g-Regel.  Essen im Restaurant (wenn dort mehr als 75 Menschen sitzen können): nur noch g-g-g. Auch im Wirtshausgarten. Zur Zeit kann jeder jedes Restaurant besuchen. Zur Zeit kann auch jeder in jedes Museum. Zwar mit Zeitschloss, aber ohne Maske. Das Orgelkonzert letzten Sonntag, bei dem ich dann doch nicht war, hätte ich ohne Anmeldung und einfach so besuchen können. Zum Beispiel.

Die "Verbesserungen" per 19. September werden darüber hinaus nur dann durchgezogen, wenn der Impfprozentsatz hoch genug ist und die Intensiv- und Krankenhausbettenauslastung im Rahmen bleibt. Wobei jedenfalls auf dieser Übersicht keine Zahlen stehen, die ein Maß dafür angeben.

Die Soziologin in mir stellt fest: geschickter Schachzug. So führt man eine Impfpflicht durch die Hintertür und die Diskriminierung derjenigen, die sich nicht impfen lassen ein in einem Land, in dem aufgrund eines nicht ganz unbedeutenden Anteils bibeltreuer Christen traditionell ein definierter Prozentsatz von Menschen grundsätzlich keine Impfungen machen lässt. In einem Land also, in dem bislang Diskriminierung Ungeimpfter aus Gründen religiöser Toleranz (in den Niederlanden ein hoher Wert) ein No-Go war.

Zum 1. November, so der symbolische Schinken, der der Bevölkerung vor der Nase hergezogen wird, sollen dann – wenn die Zahlen es zulassen, also genug Geimpfte plus wenig Krankenhausauslastung durch Patienten mit Covid-Diagnose – alle Maßnahmen fallen. Nun weiß aber inzwischen jedes Kind, dass spätestens ab dem Herbst die Erkältungs- und Coronviren-Saison beginnt…

Derweil gibt es an anderen Stellen durchaus Erfahrungen von einigermaßen Normalität zu machen. Ein monatliche zusammenkommendes Gremium, in dem ich Mitglied bin, hat sich gestern zum zweiten Mal seit Beginn und Ende der Lockdownerei wieder 'in echt' getroffen. Es ist schon eine besondere Erfahrung, sich nun wieder im großen Karree im Sitzungsraum zu versammeln und einander nicht nur auf dem Bildschirm zu sehen, sondern wirklich zu erleben. Mit Körpersprache, Atmosphäre, Ausstrahlung. Auch meine spirituellen Gruppen treffen sich weiterhin, eine heute, die nächste am Montag. Allmählich nehmen auch wieder alle teil, auch die, die noch vor wenigen Wochen Bedenken hatten. Ein schönes, lebendiges Gefühl, wieder mehr Menschen wirklich begegnen zu können.

Auch die Tatsache, vorläufig in jeden Laden, jedes Restaurant einfach so und mit freiem Gesicht, wie im echten Leben, hineinspazieren zu können und einzukaufen oder zu speisen, genieße ich jedes Mal wieder nach Strich und Faden. In den Zügen, die hier außerhalb der Stoßzeiten meistens eher dünn bevölkert sind und in denen fast nie ein Zugbegleiter anwesend ist, haben immer mehr Fahrgäste die Masken auf Halbmast oder ganz ab. Der nächste Fahrgast sitzt doch viele Meter von einem entfernt. Warum nicht? Man erntet mit halb oder ganz freiem Gesicht vielleicht erstaunte Blicke. Aber sagen würde – jedenfalls hier in Groningen - nie jemand etwas. Auch der Lokführer nicht, der wahrscheinlich die Kamerabilder aus dem Fahrgastraum sehen kann.

Auf der anderen Seite ist die Polarisierung in der Gesellschaft nicht zu übersehen und nicht zu überfühlen. Jemand, der im Lauf der gestrigen Sitzung so en passant fallen ließ, nicht geimpft zu sein, erntete erstaunte Blicke. Aber immerhin – anders als es mir aus Deutschland berichtet wird – keine inquisitorischen Fragen. Jedenfalls nicht im Plenum.

Freundschaften zerbröseln, wenn nicht alle Beteiligten sich sehr viel Mühe geben, dem Gegenüber seine subjektiven Entscheidungen zuzugestehen und das Gegenüber mit seiner Entscheidung in seiner Würde zu lassen. Sobald eine Seite die andere unbedingt überzeugen will von dem, was sie selbst als unverbrüchliche Wahrheit für sich erkannt hat, wird es ungemütlich. Oder unerträglich.

Jedenfalls vergiftet es die Atmosphäre. Und dies Vergiftete ist leider an vielen Stellen zu spüren.
Mich erschöpft das ungemein. Und es macht mich traurig.

"Faust und Gretchen, Marthe und Mephisto im Garten", Theodor Pixisw 1863
Freies Deutsches Hochstift / Goethemuseum Frankfurt am Main © Miteigentum
der BRD / Ursula Edemann (Crative Commons BY-NC-SA)
"Sag, Heinrich, wie hältst Du's mit der Injektion?" würde Gretchen Faust wohl heutzutage in Marthes Garten fragen. Dass jahrelange Freundschaften oder auch Familienbande und Liebesbeziehungen bedroht werden oder zerbrechen, weil man einander nicht mehr richtig nah sein kann, nachdem Beteiligte unterschiedliche Antworten auf diese Frage gefunden haben, tut mir enorm weh. Im Freundeskreis habe ich das inzwischen ein paar Mal erlebt. Wobei mir auffällt, dass es oft eher die Älteren, über 60-jährigen sind, die sich gegen die Injektion entscheiden, und die jüngere (Kinder-)Generation dies nicht akzeptieren kann. Töchter in den 30ern, die nicht mehr mit ihrer Mutter reden, weil sie "eine Verschwörungs-gläubige" ist, oder die die eigenen Kinder extra impfen lassen, um den eigenen Eltern zu zeigen, wie gut sie selbst sich an alles Verordnete halten – nie hätte ich mir (alp)träumen lassen, dass ich so etwas einmal im eigenen Umfeld mitmachen würde.

Anders, als uns das schöne Dokument der niederländischen Obrigkeit vermitteln will, ist für all dies kein Ende abzusehen. Jede und jeder muss einen Weg finden, damit zu leben. Möglichst im inneren Frieden damit zu leben. Möglichst so damit zu leben, dass einem die Hoffnung erhalten bleibt, die Zuversicht erhalten bleibt, das Vertrauen in das Leben erhalten bleibt. Möglichst grübelfrei zu leben.

Kürzlich habe ich in einem Videogespräch zwischen Sonja Ariel von Staden und Susanna Suter  (ab Minute 7:00) einen für mich mit meinem kleinen Park hinterm Haus sehr praktikablen Tip zur ersten Hilfe bekommen für Momente, in denen "die Gedankenpferdchen dann mal wieder total durchdrehen": eine Geh-Meditation. Sonja beschreibt: "Ich gehe sehr schnell, und ich lasse alle unnötigen Gedanken hinter mir."  Gemeint ist damit, sie wirklich im Wortsinn hinter sich zu lassen, von ihnen weg zu gehen.

Quelle http://clipart-library.com/clipart/720830.htm
"Und am schönsten ist, wenn dann auch noch ein Wind kommt, sich in den Wind zu stellen und dann zu sagen: so, der Wind darf jetzt mal den Müll aus meinen Gedanken wegtragen, damit nur die Gedanken übrig bleiben, die jetzt wichtig sind. Die mich fördern. Die mir Lösungen liefern. Und die helfen, gute Entscheidungen zu treffen."

Gut, dass ich das jetzt aufgeschrieben habe. Dann bleibt es besser im Gedächtnis, und die Chance steigt, dass ich es wirklich tue, wenn die Pferdchen anfangen zu galoppieren.

 

Montag, 23. August 2021

Wertezerfall

Reliefskulptur am Landgerichtsgebäude in Frankfurt am Main
Kürzlich schrieb eine meiner Freundinnen in einem Brief, in dem sie über das sinnierte, was aktuell in beinahe allen parlamentarisch-demokratischen Ländern passiert:

"Wo sind all unsere so hoch gepriesenen Werte wie Integrität meines Körpers, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Elternrecht ... geblieben, wo? Alle  übern Haufen geworfen weil die Regierung es sagt, und das schneller als die Polizei erlaubt!"

Genau so schnell, wie die Regierenden es wollen. Kaum Stimmen einer parlamentarischen Opposition, die dagegen protestieren. Es ist mir noch immer ein Rätsel, wo all die kritischen Denker – mindestens bei den Grünen, die doch ihre Wurzeln in der Außerparlamentarischen Opposition haben, die nichts so sehr auf ihre Fahnen geschrieben hatte wie Freiheit und Menschenrechte – geblieben sind.

Ich erinnere mich an mich als kleines Dötzchen, das in der vierten oder fünften Klasse in Sozialkunde erstmals vom Grundgesetz hörte. Davon hörte, wie besonders eine solche Verfassung sei und wie gut geschützt vor gesetzlicher oder polizeilicher Willkür die Menschen in der Bundesrepublik durch die unveräußerlichen Grundrechte seien. Dass man aus der Geschichte gelernt habe: so etwas wie die Rechtlosigkeit und Gewaltherrschaft des Dritten Reiches dürfe und könne nie wieder vorkommen. Dafür hätten die Väter des Grundgesetzes gesorgt. Mit aufgesperrten Ohren lauschte ich, und mit begeistertem Herzen nahm ich das Lehrbuch mit dem Deutschen Grundgesetz und der Hessischen Verfassung mit nach Hause. Wahrscheinlich erzählte ich stolz von dem, was ich gelernt hatte und wie gut es uns in der Bundesrepublik mit einem solchen Grundgesetz gehe.

Über die unveräußerlichen Menschenrechte ging auch später im Gymnasium noch so manche Unterrichtsstunde, in Geschichte – in Abgrenzung zum Dritten Reich und zu den Diktaturen des Warschauer Paktes -, in Gemeinschaftskunde – in Auseinandersetzung mit allerlei Philosophien des 18. Jahrhunderts. Undsoweiter.


Als wir die Schule verließen, war das Vertrauen in die Rechtssicherheit, vor allem in die unverbrüchlich immerwährende Gültigkeit der Grundrechte, die schwerer wögen als jedes andere Recht, tief in unsere Köpfe, Seelen und Herzen gepflanzt. Jedenfalls bei den meisten von uns.

Offenbar aber, so lernen wir jetzt gerade alle, war das trotz all der Anstrengung hunderttausender Lehr-Körper bei vielen nicht wirklich verwurzelt.
Mit ein paar, von Mal zu Mal stärker eingreifenden Gesetzesänderungen ist dies alles wegradiert. Zählt nicht mehr. Nicht mehr die Grundrechte sind das höchst stehende Recht. Sondern ein Infektionsschutzgesetz.

Was das bis in kleinste Verästelungen hinein für auch atmosphärische Folgen hat, habe ich schmerzlich heute im Telefongespräch mit einem guten Freund erfahren. Es geht mir noch sehr nach.

Seine Frau liegt seit sieben Wochen in einer deutschen Großstadt in der Klinik (hat nix mit C zu tun), und die Behandlung wird sich noch lange hinziehen. Besuche sind dort sowieso nur Leuten erlaubt, die durchgeimpft sind. Seit heute müssen sie auch noch einen negativen Schnelltest nachweisen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Maskenpflicht herrscht sowieso. Mein Freund, fast 80, hat in dieser Klinik ein kafkaeskes Erlebnis nach dem anderen. Vor ein paar Tagen, da war es gerade superwarm, stand er am frühen Nachmittag in der Einlass-Schlange vor dem Krankenhaus. Für 15 Uhr hatte er sich seiner Frau angekündigt, kurz nach 14:30 war er angekommen. Etwa 25 Leute vor ihm in der Schlange. Eine Wachfrau, die Einlasskontrolle machte. Nach minutenlangem Wachten, etwa 8 Positionen war er schon vorgerückt, erfuhren plötzlich alle, dass sie erst ein Formular ausfüllen mussten. Run auf die Formulare, es gab wohl Tische, wo man sie ausfüllen konnte, und dann mit Formular wieder neu anstellen. 'Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied' bedeutete hier: nicht etwa dass alle wieder dieselben Plätze in der Schlange eingenommen hätten wie vorher, wer sich vorschieben konnte, schob sich vor… und so hieß es für ihn, nicht mehr so superschnell zu Fuß, erneut in langer Schlange in der Hitze schmoren.

Angekommen bei der ca. 20-jährigen Sicherheitsfrau, zeigte er den verlangten Impf- und Testnachweis auf seinem Handy vor. Dann sollte er seinen Personalausweis zeigen. – Dumm, den hatte er, mit dem E-Bike gekommen und daher ohne Brieftasche, nicht dabei. Aber er hatte ein Foto auf dem Handy vom Ausweis. Froh zeigte er es vor. Antwort des jungen Huhns: Das könne sie nicht anerkennen. Das Handy hätte er ja gefunden haben können. Er: "Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich mit meinen 80 Jahren …." – Na, dann wolle sie mal gnädig sein und diese Personalausweiskopie auf dem Handy akzeptieren.

Aber, triumphierte sie, sie würde ihn trotzdem nicht reinlassen. Er habe nämlich keine FFP2-Maske auf, sondern nur eine OP-Maske. Und sie ließe ihn nur mit FFP2-Maske rein. Er verwies auf die hinter der Frau auf der Tür klebenden Schilder, die sagten: Zugang mit FFP2- oder OP-Maske.

Das wäre ihr egal, so die Frau vom Sicherheitsdienst, sie hätte das Schild nicht geschrieben. Er solle sich gefälligst in der Apotheke eine FFP2-Maske kaufen und dann wiederkommen.
Also machte er sich auf zur Apotheke, die ein paar Minuten entfernt am anderen Ende der Klinik sich befindet. Kaufte die FFP2-Maske. Dackelte zurück. Durfte sich erneut in der Hitze anstellen.

Eineinhalb Stunden nach seiner Ankunft am Krankenhaus und eine Stunde nach der verabredeten Zeit konnte er dann endlich um 16 Uhr seine Frau in ihrem Krankenzimmer begrüßen.

Keine Person in der Warteschlange, die für ihn Partei ergriffen hätte. Niemand, der ihn nach der Rückkehr aus der Apotheke vorgelassen hätte. Einen 80-jährigen, deutlich nicht gut zu Fuß seienden Mann….

Eigentlich bin ich noch immer fassungslos. Mal abgesehen von der an sich schon unmenschlichen Regelung für den Krankenhausbesuch ....  [Hier in dern Niederlanden braucht man nur eine medizinische Mundnasenbedeckun, keinen negativen Test, schon gar nicht die Impfung, um seine kranken Angehörigen in der Klinik besuchen zu können.]  Das ist dann also nach 18 Monaten das Ergebnis der sozialen Isolation der hinter Masken versteckten 1,5-m-Gesellschaft. Welche Unmenschlichkeit hat sich in dieser kurzen Zeit breitgemacht. Es ist wieder soweit. Gib kleinen, unbedeutenden Figuren Macht, und sie kosten sie aus bis in den letzten Zentimeter. Lassen die anderen spüren, wer hier das Sagen hat.

Das hatten wir doch alles schon mal.

Die komplette Abwesenheit jeglicher Menschlichkeit und Mit-Menschlichkeit macht mir Angst. Wenn das die vorherrschende Stimmung, der vorherrschende Umgangston in der Gesellschaft ist, dann gute Nacht.

Jetzt, ein paar Stunden nach dem Telefonat, nachdem ich das alles mir von der Seele geschrieben habe, geht es mir etwas besser, blicke ich mich um in meinem Leben.

Kostenfreie Grafik von https://www.pngegg.com/de/

 

Und ich bin froh, dass ich eine Menge Menschen kenne und um mich habe, die völlig anders ticken. Von denen ich weiß, dass sie – hätten sie mit meinem Freund in der Schlange gestanden – ihm bei gestanden hätten in der Diskussion mit der jugendlichen Torwächterin. Oder zumindest nach der Rückkehr von der Apotheke dafür gesorgt hätten, dass er nicht wieder völlig hinten sich anstellen hätte müssen.

Bin froh, dass es noch viele, viele Menschen gibt, die sich von dieser Eineinhalb-Meter-Kälte nicht einfrieren lassen. Die sich ihre Herz-lichkeit bewahren und sie gerade jetzt besonders zum Ausdruck bringen.
An diese Menschen halte ich mich. Mit solchen Menschen kann man überall, wo man ist, wo man hinkommt, kleine Keimzellen von Wärme und Mitmenschlichkeit aufbauen. Und hoffen, und sehen, wie sie wie in einem Schneeballsystem die Kälte von innen her wieder aufwärmen.

Donnerstag, 19. August 2021

Heemtuin-Spaziergang

In der Fortsetzung meiner letzten Themen bleiben wir unterwegs in der Natur. Wie versprochen nehme ich Euch heute mit auf den Spaziergang durch den "Heemtuin" hier bei uns in der Nachbarschaft am Rande des Dorfes Muntendam. Man kann ihn von hier aus bequem mit dem Rad in etwa 20 Minuten erreichen. 

"Heemtuin" heißt sowas wie Hausgarten, und es versteckt sich hinter dem Namen ein großes, teils renaturiertes, teils ökologieverträglich bewirtschaftetes Gebiet, hauptsächlich ehemalige Acker- und Weideflächen. Direkt an den Heemtuin schließt sich ein Naturgebiet an, "Tussen de Venen", was soviel wie zwischen den Mooren bedeutet. Moore gibt es heute hier natürlicherweise keine mehr; alles weggegraben durch einstmals Torfgewinnung. Allerdings sind durch die Renaturierung wieder morastiges Stellen entstanden. 

Das gesamte Gebiet ist etwa 50 ha groß. Unser heutiger Spaziergang führt uns durch ca. die Hälfte, wobei ich nur sporadisch Fotos gemacht habe. Es ist durchaus noch genug Landschaft und Interessantes übrig, um vielleicht irgendwann noch ein weiteres Mal einen Foto-Spaziergang dort zu unternehmen.

Das Holzgebäude im Hintergrund ist die Imkerei


Historisch liegt der Anfang beim eigentlichen "Heemtuin", der auf dem Gebiet einer ehemaligen, baumumstandenen Schafsweide 1982 angelegt wurde. Heute existiert da ein immer dichter werdender, weitgehend sich selbst überlassener hauptsächlich Laubwald, es gibt ein Heidefeld und einen kleinen See. Man liest, dass da Sonnentau und Orchideen wachsen, ich bin ihrer aber noch nicht ansichtig geworden. Außerdem gibt es ein Obststück mit Hochstammfruchtbäumen alter Rassen und eine Imkerei.


 

 

Eine reichhaltige, bunte Vielfalt wilder, jetzt im Sommer blühender Pflanzen erfreut Herz und Sinne.


 

 

 

Unterm Apfelbaum laden Tisch und Bänke zum Verweilen ein.

 

 

Der Baumbestand im ältesten Teil der wiederangesiedelten Natur ist inzwischen ein richtiger, wunderbar schattiger und in diesem kühlen Sommer dichtbelaubter Wald geworden. Eine wunderbare grüne Oase, derer ich mir bis zum Besuch vor ein paar Wochen gar nicht so richtig bewusst war.

 

 

Die träumerische Seele findet hier alles, was das Herz begehrt.
So auch diesen verwunschenen Seerosenteich.

 

 

 

 

 

 

 

 




Das weitere Naturgebiet wurde Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts angelegt; der Boden wurde abgegeraben, weniger nährstoffreich gemacht, außerdem wurde Relief in der Landschaft angebracht (Hügelchen und Niederungen) und wurden Teiche gegraben. 

 

 

 

 

Die Pionierpflanzen, die sich dort zuerst angesiedelt hatten, sind inzwischen abgelöst worden durch eine Heide- und Birkenvegetation. 

 


 

An anderen Stellen wird durch regelmäßige Beweidung mit Schafen dafür gesorgt, dass die Landschaft offen bleibt und nicht verwaldet. Man kann dort wunderbar spazieren und wandern, entspannen und die Natur genießen.




Oder wieder ein baumreicheres Stück aufsuchen und sich überraschen lassen, wohin die halb zugewachsenen Pfade führen.






Gleich macht der Pfad einen Schwenk nach rechts...

 

 

Und wir sind wieder in der offenen, wasserreichen Landschaft.

 

 

Seitlich des etwas höher gelegenen Pfades zwischen zwei großen Wasserflächen...

... Morast ...

mit seiner eigenen Schönheit.

 

 

 

 

 

 

Doch heute zieht es mich zurück in den Wald.
Dorthin, wo ich - wer weiß ? - Feen, Elfen, Faunen oder Zwergen begegnen kann.
Dorthin, wo diese Bank-Baum-Skulptur einlädt zu wunderbaren Träumen.





Sonntag, 15. August 2021

Neue Erde - Das Manifest

Sorry.... hatte mal wieder am Sonntagabend ein Montagsgefühl. Darum einen Tag zu früh geblogt...

Vor ein paar Tagen erhielt ich mit dem Newsbrief von Thenewearthmanifesto einen Text, in dem die beiden Initiatorinnen Catherine und Coco zusammen mit Daniela Ganser die

Essenz des Manifests der Neuen Erde

in einem "Einseiter" zusammengefasst haben. Ich möchte gerne am Bild der Neuen Erde mitmalen und teile hier mit Freude und Dankbarkeit diesen Text:

Ich, ein souveränes Lebewesen, reines Bewusstsein, reine Liebe,
erkenne an, dass ich als Mensch Teil des lebendigen Ökosystems Erde bin.
Ich habe erkannt, dass die Gesundheit unseres Lebens untrennbar mit der
Gesundheit der Pflanzen, Tiere, Gewässer, der Böden, der Luft, und den kosmischen Zyklen verbunden ist.
Ich weiss, ich bin kein Opfer, sondern erinnere mich an die mir innewohnende Schöpferkraft und an mein unendliches Entwicklungspotenzial.

und ich manifestiere
dass überall auf der Erde der lebenswichtige Humus wieder aufgebaut wird.

Ich spüre, wie sich mein Immunsystem an den kristallklaren Gewässern, der reinen Luft und in den geschützten Wäldern stärkt. Jede meiner Zellen dankt für die gesunde Nahrung, welche, begleitet vom Gesang der Vögel und dem Summen der Insekten, auf gesunden Feldern gewachsen ist.

Die Menschen heilen im Einklang mit der Natur.
Unabhängig von Religion, Nationalität, Geschlecht,
Hautfarbe, Einkommen und Bildung, gehören wir alle zur Menschheitsfamilie.

Ich begegne jedem Lebewesen mit Achtsamkeit und Respekt
und löse Konflikte ohne Gewalt.
Geburten werden als heilige Rituale geachtet
und die Angst vor dem Tod gibt es nicht mehr.
Technik wird dort angewandt, wo sie dem Leben dienlich ist, und die Energie stammt aus erneuerbaren Quellen wie Sonnenenergie und Wasserkraft.

 Ich beobachte dankbar
wie alle Menschen voller Begeisterung und in Freiheit ihr individuelles Potenzial entfalten,
und ich verbinde mich mit meiner eigenen unendlichen Kreativität.
Voller Freude zähle ich mindestens ein Handwerk zu meinen Fähigkeiten.

Ich umgebe mich
am liebsten mit Produkten, die von Menschen meiner Region
liebevoll
und im Einklang mit der Natur produziert wurden.
Es gibt keinen Abfall mehr. Alles ist einfach reparier- und wiederverwertbar.
Wirtschaft basiert auf gegenseitiger Fürsorge und Geschwisterlichkeit.

 Ich visualisiere
lebensförderliche Begegnungen und Gemeinschaften in Stadt und Land,
in denen sich die Menschen unterstützen und Halt geben,
wo jung und alt voneinander lernt, wo Menschen mit Behinderungen voll integriert sind.

In den Städten und in den Dörfern wachsen Obst, Gemüse, Beeren und Nüsse.
Oft wird gemeinsam angebaut und gekocht.
Die erfüllenden Arbeitsplätze befinden sich vorwiegend in der eigenen Region.

Ich gestalte
mein Land aktiv mit und werde dabei von Weisenräten
– erfahrenen Herzens-Menschen, die sich auf das Wohle allen Lebens ausgerichtet haben –
unterstützt.
Mir zur Seite stehen Friedenshüter.

 Ich lebe in Fülle,
denn das neue Geldsystem unterstützt das Wachstum des Lebens.

Die Medien verbreiten lebensbejahende Botschaften und Lösungen.
Voller Freude und dankbar nehme ich das Geschenk der Schöpfung und des Lebens an.

www.thenewearthmanifesto.com

 


Donnerstag, 12. August 2021

Rose A.

Rose Ausländer gehört zu den Dichterinnen und Dichtern, die mir sehr wertvoll geworden sind auf meinem Weg. Lange Jahre, Jahrzehnte, war Ihr Gedicht "Wer bin ich" mein Lebensmotto.

Seit ich – bis zum Einburch des großen C in unsere Leben periodisch - in den Niederlanden lebe, und damit mit zwei Sprachen lebe, ist mir das Dichten verloren gegangen. In der einen Sprache nicht mehr zuhause, werde ich in der anderen nie zuhause sein können, so gut ich sie auch spreche, lese, verstehe, schreibe.

Die Gedichte von Ausländer berühren mich sehr. Vieles lese, erfahre ich, als ob es mir aus der Seele geschrieben sei.  Eines der schönsten und berührendsten Geschenke, die ich erhielt, sind drei Gedichte von Ausländer, auf ihrer Schreibmaschine getippt. Gedichte, die sie einer ihrer pflegenden Begleiterinnen in den Jahren ihrer Bettlägerigkeit in Düsseldorf geschenkt hat. Ein Verwandter dieser Dame, der einmal mein Chef war, hat sie wiederum mir geschenkt. Unter all den Vorgesetzten, die ich in meinem Berufsleben mitgemacht habe, war er der angenehmste. Das nebenbei.

Die Gedichte hingen gerahmt in meinem Büro. Und begleiten mich auch heute noch.


Rose Ausländers Gedichte und Gedanken sind es auch, die mich verbinden mit jenem guten Freund, dessen Text der heutige Gastbeitrag zu diesem Blog ist.

Freund macht sich Gedanken über – wie sollte es anders sein – die aktuelle Situation, die politisch in der Bundesrepublik geprägt ist von wütendem Aktionismus und allerlei irrationalen Maßnahmen. Mit sinnvoller Gesundheitspolitik hat das alles nichts mehr zu tun. Das einzige Ziel: einen so starken Impfdruck aufzubauen, dass alle, die aus guten Gründen sich bislang gegen die Spritze entschieden haben, nun doch noch einknicken. Weil ihnen andernfalls dauerhaft die Erfüllung der beiden wesentlichen seelischen Grundbedürfnisses genommen werden soll: des Bedürfnisses nach Zugehörigkeit und Verbundenheit und des Bedürfnisses nach Autonomie und Freiheit.*)

Rose Ausländer ist aktuell

Wir
haben uns nichts vorzuwerfen
wir
wissen was wir tun

Die Anderen
ja die Anderen
das Übel

Wir
wohnen im Weihrauch
das Vaterunser
beschuldigt uns nicht

Wir
eine reiche Gemeinde
zahlreich
gut gerüstet
gegen die Anderen
hinter dem Zaun

Die anderen Übeltäter
wissen nicht was sie tun
(Rose Ausländer)

An diese sakrosankte Haltung denke ich dieser Tage bei den Meldungen bezüglich der Themen: "Impfunwillige und Belastung für die Gemeinschaft" und "Kinderimpfdruck".
Vergessen sind die Maskendeals und zu überhöhten Preisen eingekaufte Masken. Vergessen sind die Kosten für die unsichere Luka-App mit Jahresgebühr. Und vergessen ist auch die Solidarität mit der Welt, wenn jetzt Berichte veröffentlich werden über die Vernichtung von Impfstoffen.
Man begnügt sich mit fingerzeigender Belehrwisserei nebst vermeintlich einschüchternden Maßregelungen und bildet sich ein, gebetsmühlenartige Wiederholungen führten zum Erfolg.

Rechnen scheint da nicht so sehr im Vordergrund zu stehen.
Wie Zahlen verdreht werden können, lässt sich u.a. hier nachlesen: "Sollen Ungeimpfte mehr für ihre Versicherung zahlen? Klingt plausibel. Schließlich füllen sie derzeit vor allem die Krankenhausbetten. Besser wäre, sich an die wahren Verursacher zu halten."


Zu vergessen scheint man auch, dass es Menschen geben soll, die nachdenken und vielleicht auch noch rechnen können und es dann noch wagen, eigene Meinungen zu kreieren.

Und wenn man weiter denken mag, was machen denn die vielen gesunden Menschen, wenn sich die klimatischen Bedingungen weiter verschärfen? Zwischen 1994 und 2017 ist an den Polen und bei den Gletschern soviel Eis verloren gegangen, dass man ganz Großbritannien mit einer 100m dicken Eisschicht belegen könnte. Umrechnen auf die Niederlande bzw. Deutschland dürfte nicht schwer fallen.

Aber man hat ja Zeit und vermeintlich wichtigeres steht im Vordergrund.
Lieb Vaterland, magst ruhig sein.

*)Hierzu siehe Gerald Hüther, "Lieblosigkeit macht krank", Herder 2021, S. 20 ff

Viel gelesen