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Quelle Abbildung https://pixabay.com/de/illustrations/bin%C3%A4r-schlo%C3%9F-schutz-sicherheit-2326144/ |
Und dann war es
passiert. Freitagmittag um 10 nach 12. Gerade noch hatte ich eine wichtige
Arzneimittelbestellung bei der niederländischen Weleda-Apotheke aufgegeben, und
nun wollte ich mich der nächsten Bestellung widmen. Mein Vorrat an den
allmorgendlich in den Quark zu rührenden Leinsamen neigt sich dem Ende zu, und dieses
spezielle Leinsamen-Honig Granulat kann ich nur in Deutschland bekommen.
Ich rief die
entsprechende Website auf. Der Browser begann zu laden und lud und lud und kam
nicht zu Potte. Ein Blick in die Windows-Statusleiste zeigte: kein Internet.
'Kommt in der letzten Zeit ganz schön oft vor' dachte ich und widmete mich
angesäuert erst mal etwas anderem.
Nach einer halben
Stunde wollte ich zurück zu meiner Bestellung.
Immer noch kein Internet.
Zwei Stunden später noch immer nichts.
Und dabei blieb es auch: Kein Internet.
Und jetzt?
Adé Bestellung.
Adé Vorträge der gerade begonnenen Onlinekongresse. Adé nächste Session meines
aktuellen Kurses von Andreas Goldemann. Adé eventuelles Zoom mit weit entfernt
lebenden, lieben Menschen.
Ganz schön komisches Gefühl, so offline.
Glücklicherweise
hatte mein Handy noch Netz. Das Befragen der entsprechenden Seiten, auf denen
man sich über aktuelle Störungen informieren kann, brachte kein Ergebnis. Für
unseren Provider lagen keine Störungsmeldungen vor.
Das komische
Gefühl intensivierte sich.
Unversehens fühlte ich mich komplett von der Welt abgeschnitten und isoliert.
Jetzt erst wurde mir bewusst, wie oft ich irgendwas im Internet
wurschtele.
Gar nicht mal so
sehr Social Media. Obwohl, ehrlich gesagt, schon auch. Aber auch mehrfach am Tag
die Wettervorhersage, z.B. mit der Frage 'jetzt spazierengehen oder lieber
später' oder in Planung einer Unternehmung am nächsten Tag 'welche Klamotten zieh ich dann an? Warme
Jacke, Regenjacke, oder Übergangsjacke für draußen?' usw. Und eben
Informationen. Über Inhaltsstoffe von irgendwelchen verarbeiteten
Lebensmitteln. Die Lieferbarkeit von bestimmten Dingen beim Bio-Supermarkt.
Welcher Kräutertee hilft bei ...? Neueste Angebote von Hess Natur-Waschbär-Tchibo-anderen, deren Newsletter ich
empfange. Wie steht es mit dem Delfinschutz? Öffnungszeiten von irgendwas. Standort eines Geldautomaten in der Nähe, schon mal
sicherheitshalber, weil der einzige hier im Dorf demnächst verschwindet. Oder
auch Reinschnuppern in informative oder spirituelle Videos. Natürlich mails
lesen und beantworten. Eine Überweisung tätigen. Undsoweiterundsoweiter.
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Quelle Abbildung https://pixabay.com/de/vectors/drahtloses-signal-symbol-bild-1119306/ |
Mal ganz
abgesehen vom Runterladen von Schmökern, jetzt wo ich noch immer in der Kindle
Unlimited Billig-Probephase bin. Ach ja, und Audible Hörbücher gehen jetzt, ohne Internet, auch
nicht. Weil die App seit letztem Jahr nicht mehr offline funktioniert und man
nur noch Hörbücher über die Website von Audible streamen kann.
Tja.
Was für ein
seltsames, einsames, kahles Gefühl. Obwohl ich nicht einmal allein zuhause war.
Ich probiere, mir
vorzustellen, wie das Leben früher war. Ein 'früher' das noch gar nicht so
lange her ist.
Wie war das, zu
leben, ohne ständig online mit allem verbunden zu sein?
Ich kann es mir wirklich kaum noch vorstellen. Und schon gar nicht das
Lebensgefühl als entspanntes nachempfinden.
Wie war das,
einfach spazieren zu gehen, in die Stadt zu fahren, gar auf Reisen zu gehen,
weite Strecken mit dem Auto zu fahren, ohne ununterbrochen an der Nabelschnur
des Kommunizierenkönnens zu hängen?
Wir fühlten uns 'damals' nicht ein bisschen unsicher
dabei. Es war normal.
Heute nicht mehr vorstellbar.
Man war in so
Vielem einfach auf sich gestellt. Und dachte sich nichts dabei.
Wenn man irgendetwas
nicht kannte oder wusste, aber gerne wissen wollte, was es damit auf sich hat,
griff man zum Lexikon oder der Enzyklopädie im Bücherschrank. Egal, wie
'veraltet' die dort nachzulesende Information vielleicht war. In den Grundzügen
stimmte sie auf jeden Fall. Und Dinge bzw. Informationen veralteten auch nicht
so schnell.
Für Notfälle
hatte man ein Telefon. Festnetz.
Welches heutzutage ohne Internet auch nicht mehr geht.
Im übrigen lebte
man sein Leben so vor sich hin.
Man hatte Radio. Später auch Fernsehen (wir erst seit 1967). Beides über
Antenne, aus dem Äther.
Ich könnte ohne Internet nicht einmal mehr Fernsehen, wenn ich es wollte, weil
wir keinen Kabelvertrag mehr abgeschlossen haben.
Man las: Bücher, Zeitschriften, Zeitung.
Was für eine
innere Ruhe. Was für eine Entspanntheit. Was für eine Stille auch.
Welches Auf-Sich-Gestellt-Sein, was mir heute als Abgeschiedenheit erscheint.
Was für eine Unabhängigkeit.
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Abbildung gefunden auf Pinterest
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Wie eigentlich
haben meine Eltern die Abende im Wohnzimmer verbracht, wenn wir Kinder im Bett
waren? Radio gehört? Zeitung gelesen? Sich unterhalten? Über die Dinge des
Tages? Worüber noch? Meine Mutter hat vielleicht Socken gestopft oder Kleidung
repariert, Wäsche gebügelt, nachdem sie mit dem Nach-Abendessen-Küche-Aufräumen
fertig war. In späteren Jahren haben sie sicher ferngesehen.
Ich erinnere mich
an – nach Mutters Meinung viel zu lang dauernde, sie versuchte immer, uns
pünktlich ins Bett zu kriegen – Spieleabende mit Monopoly, Mensch ärgere Dich nicht,
Rommé oder Quartetten.
Was für eine
vollkommen andere Lebensweise.
Inzwischen war
das Internet immer noch weg.
Es wurde Abend, es wurde Morgen. Der zweite Tag.
Und dann der dritte.
Was für eine Chance!
Ich habe sie
nicht genutzt. Mir ist der kalte Entzug nicht gelungen.
Für mich fühlte es sich 'offline' dermaßen kahl und abgeschnitten an, einsam
und isoliert, dass ich das normalerweise sehr begrenzte Datenvolumen meines
uralten, aber spottbilligen Handyvertrages aufgestockt habe.
Ich habe es einfach nicht geschafft, abgekabelt zu bleiben.
Auf die Weise
erfuhr ich dann immerhin, dass es sich beim Daueroffline nicht um ein
Hardware-Problem unserer betagten FritzBox handelt – wie der absolut unfähige
Hotline-Mitarbeiter unseres Providers uns weisgemacht hatte. Sondern dass es
eine regionale Störung im KPN-Netzwerk war (KPN ist die Nachfolgegesellschaft
der ehemals staatlichen Telefongesellschaf, also mit Telekom vergleichbar). In der
Nachbarschafts-Whatsapp-Gruppe hatte jemand gefragt, ob wir auch alle ohne
Internet seien. |
Quelle Abbildung: Pixabay
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Erst
dann fiel mir auf, dass beim Versuch, sich im Netzwerk
anzumelden, statt der üblichen ungefähr 20 benachbarten WiFis nur drei oder
vier zu sehen waren. Die laut Netzwerkname alle bei einem Provider sind, der
nicht die KPN Infrastruktur nutzt.
Tja.
Seit gestern
Nachmittag nun ist die Welt wieder in Ordnung. Das www ist wieder rund um die
Uhr erreichbar.
Und ich habe was
zum Grübeln.