Mitte März bis 10. April 2020 täglich. Ab 11. April 2020 erscheinen die Beiträge jeden zweiten Tag. Ab Montag, 22. Juni 2020 immer Montag und Donnerstag abends. Ab Montag, 13. Dezember 2021 am Montagabend nach 22 Uhr.


Montag, 12. Oktober 2020

Trost

Jetzt, da auf einmal hier in den Niederlanden in der veröffentlichten Meinung Stimmen auf extralaut gestellt werden, die nach einem harten und kompletten Lockdown rufen, wird's mir ganz plumerant.



Teddy hat das mitbekommen und kommt herbeigesaust, um mich zu trösten. 


Erinnerst Du Dich, fragt er, ans Frühjahr, als ich immer im Fenster saß, um mitzuhelfen, dass Kinder sich nicht langweilen?

Das war so eine Aktion im ganzen Land.
Alle Teddys waren aufgerufen, tagsüber hinterm Fenster sich aufzuhalten, damit Kinder, die vielleicht allein oder mit ihren Eltern draußen vorbeiliefen, was zum Suchen und Schauen hatten.

Damals sollten nämlich Kinder möglichst nicht mit einander spielen... und so musste irgendetwas passieren, um ihnen die Langeweile und das Alleinsein zu vertreiben.


Pass auf, sagt er jetzt, ich nehm Dich mit auf Entdeckungsreise. Es haben nämlich damals im Frühling unheimlich viele Teddys mitgemacht!

Manchmal saßen sie ganz tapfer allein auf einer kahlen Fensterbank und warteten auf Kinder, die vor ihrem Haus entlang kamen.

 

Manchmal hatten sie eine Pflanze als Gesellschaft.
So wie ich ja auch :-)
Dieser hier schaut aber trotzdem ein bisschen verloren. Vielleicht ist lange kein Kind mehr vorbeigekommen?


 

 

Wie aufmerksam von den Menschen, die bei diesem Teddy wohnen! Sie haben die Kakteen unter eine Glasglocke gesetzt, so dass Teddy sich nicht an den unangenehmen Stacheln sticht.
Und er schaut ja auch wirklich zufrieden und selbstbewusst in die Welt. Ganz durchdrungen von der Wichtigkeit seiner Aufgabe!





 

Diese drei haben es sich richtig gemütlich gemacht bei Kaffee und Kuchen.
So lässt es sich aushalten.

 

So mit der ganzen, kunterbunten Familie lässt es sich natürlich auch lange aushalten. 

 

 



Hier hat sich hoher Besuch aus historischer Zeit hinzugesellt.
Sherlock Holmes hält mit Ausschau, wo denn all die Kinder bleiben.

Solidarität in der Tierwelt. Lämmchen macht auch mit und setzt sich ins Fenster.
Damit es ihm nicht langweilig wird, hat es sich noch einen zugegebenermaßen etwas steifbeinigen Hasen mitgebracht.

 

 

Auch zusammen mit einem Pferd läasst sich der Tag gut durchbringen.
Manchmal ist es einfach wichtig, jemand zum Knuddeln in der Nähe zu haben. Das muss nicht immer unbedingt ein Teddy sein, findet Teddy.

Finde ich auch. Aber ein Teddy ist ein Teddy ist ein Teddy und eigentlich unersetzlich.


 

 

Und dann schaut er mich mit seinem aller-aller-liebsten Teddy-Charme-Blick an.

 

 

 

War doch schön, oder?
Mach Dich nicht so verrückt mit Deiner Angst! Wir lassen uns schon wieder was einfallen, um Euch Menschen das Herz zu erwärmen, wenn es euch innerlich fröstelt.

Pass auf, ruft er dann, gleich gehts Dir richtig gut!...

 
...um mir dann zum Abschluss noch einmal seinen berühmten Kopfstand vorzuturnen. Mir wird  schwindlig beim bloßen Hinsehen....


Nachmachen! ruft er mir übermütig zu. Kopfunter sieht die Welt nämlich ganz andes aus!


Freitag, 9. Oktober 2020

Flugblatt

Hilfe, heute ist schon Freitag. Ich bin diese Woche etwas durcheinander mit den Wochentagen, und so kommt es, dass mein Blog einen Tag später erscheint.

Nun wird auch in den Niederlanden ein Ermächtigungsgesetz diskutiert, "Spoedwet" (Schnellgesetz) genannt, das dem Staat weit reichende Macht geben soll, zur 'Bekämpfung der Pandemie' in das bislang durch Grundrechte geschützte Leben der Bürger einzugreifen. Wie in Deutschland im veränderten Infektionsschutzgesetz wird dem Gesundheitsminister und der Exekutive eine große Machtbefugnis eingeräumt und werden Grundrechte ausgehebelt. Der 1,5-m-Abstand wird gesetzlich festgeschrieben, und wer dagegen verstößt, kann entweder hohe Bußen erwarten oder im schlimmsten Fall zwei Wochen hinter Schwedischen Gardinen Zwangsaufenthalt nehmen. 'Selbstverständlich' sind die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit eingeschränkt, und kann zukünftig der Gesichtslappen gesetzlich verpflichtet werden (zur Zeit lediglich dringend empfohlen, ist gesetzlich nicht anders möglich).

Angesichts dieser autoritären Machtfülle, die allüberall den Staaten verliehen wird, erinnere ich mich an das, was ich in der Schule gelernt habe über die Zeit 1933-1945. Und mich gruselt's.

Nachdenklich und dankbar zitiere ich daher heute aus der Arbeit der wohl bekanntesten Widerstandsgruppe aus der Nazizeit, der Weißen Rose. Versteht mich nicht verkehrt, liebe Mitmenschen, ich übertrage nicht eins zu ein, ganz sicher nicht! Aber ich hinterfrage. Das habe ich mein Leben lang getan.
Und ich lasse mich nicht von den enorm starken und enorm intellektuellen Worten der Damaligen daran hindern, nach dem Kern der Botschaft für uns Heutige zu schauen.

Flugblatt gefunden in diesem Blog
Nichts ist eines Kulturvolkes unwürdiger, als sich ohne Widerstand von einer verantwortungslosen und dunklen Trieben ergebenen Herrscherclique „regieren“ zu lassen. Ist es nicht so, daß sich jeder ehrliche Deutsche heute seiner Regierung schämt, und wer von uns ahnt das Ausmaß der Schmach, die über uns und unsere Kinder kommen wird, wenn einst der Schleier von unseren Augen gefallen ist und die grauenvollsten und jegliches Maß unendlich überschreitenden
Verbrechen ans Tageslicht treten? Wenn das deutsche Volk schon so in seinem tiefsten Wesen ­korrumpiert und zerfallen ist, daß es ohne eine Hand zu regen, im leichtsinnigen Vertrauen auf eine fragwürdige Gesetzmäßigkeit der Geschichte, das Höchste, das ein Mensch besitzt, und das ihn über jede andere Kreatur erhöht, nämlich den freien Willen, preisgibt, die Freiheit des Menschen preisgibt, selbst mit einzugreifen in das Rad der Geschichte und es seiner vernünftigen Entscheidung unterzuordnen, wenn die Deutschen so jeder Individualität bar, schon so sehr zur geistlosen und feigen Masse geworden sind, dann, ja dann verdienen sie den Untergang.

Goethe spricht von den Deutschen als einem tragischen Volke, gleich dem der Juden und ­Griechen, aber heute hat es eher den Anschein, als sei es eine seichte, willenlose Herde von Mit­läufern, denen das Mark aus dem Innersten gesogen und nun ihres Kernes beraubt, bereit sind, sich in den Untergang hetzen zu lassen. Es scheint so – aber es ist nicht so; vielmehr hat man in langsamer, trügerischer, systematischer Vergewaltigung jeden einzelnen in ein geistiges Gefängnis gesteckt, und erst, als er darin gefesselt lag, wurde er sich dieses Verhängnisses bewußt. Wenige nur erkannten das drohende Verderben, und der Lohn für ihr heroisches ­Mahnen war der Tod. Über das Schicksal dieser Menschen wird noch zu reden sein.

Wenn jeder wartet, bis der Andere anfängt, werden die Boten der rächenden Nemesis unaufhaltsam näher und näher rücken, dann wird auch das letzte Opfer sinnlos in den Rachen des un­ersättlichen Dämons geworfen sein. Daher muß jeder einzelne seiner Verantwortung als Mitglied der christlichen und abendländischen Kultur bewußt in dieser letzten Stunde sich wehren so viel er kann, arbeiten wider die Geisel der Menschheit, wider den Faschismus und jedes ihm ähnliche System des absoluten Staates. ­Leistet passiven Widerstand – Widerstand – wo immer ihr auch seid, verhindert das Weiterlaufen dieser atheistischen Kriegsmaschine, ehe es zu spät ist, ehe die letzten Städte ein Trümmerhaufen sind, gleich Köln, und ehe die letzte Jugend des Volkes irgendwo für die Hybris eines Untermenschen verblutet ist. Vergeßt nicht, daß ein jedes Volk diejenige Regierung verdient, die es erträgt!

Aus Friedrich Schiller, ,,Die Gesetzgebung des Lykurgus und Solon“:
„… Gegen seinen eigenen Zweck gehalten, ist die Gesetzgebung des Lykurgus ein Meisterstück der Staats- und Menschenkunde. Er wollte einen mäch­tigen, in sich selbst gegründeten, unzerstörbaren Staat; politische Stärke und Dauerhaftigkeit waren das Ziel, wonach er strebte, und dieses Ziel hat er so weit erreicht, als unter seinen Umständen möglich war. Aber hält man den Zweck, welchen Lykurgus sich vorsetzte, gegen den Zweck der Menschheit, so muß eine tiefe Mißbilligung an die Stelle der Bewunderung treten, die uns der erste, flüchtige Blick abgewonnen hat. Alles darf dem Besten des Staates zum Opfer gebracht werden, nur dasjenige nicht, dem der Staat selbst nur als ein Mittel dient. Der Staat selbst ist niemals Zweck, er ist nur wichtig als eine Bedingung, unter welcher der Zweck der Menschheit erfüllt werden kann, und dieser Zweck der Menschheit ist kein anderer, als Ausbildung aller Kräfte des Menschen, Fortschreitung.

Hindert eine Staatsverfassung, daß alle Kräfte, die im Menschen liegen, sich entwickeln; hindert sie die Fortschreitung des Geistes, so ist sie verwerflich und schädlich, sie mag übrigens noch so durchdacht und in ihrer Art noch so vollkommen sein. Ihre Dauerhaftigkeit selbst gereicht ihr alsdann viel mehr zum Vorwurf, als zum Ruhme – sie ist dann nur ein verlängertes Übel; je länger sie Bestand hat, umso schädlicher ist sie.

… Auf Unkosten aller sittlichen Gefühle wurde das politische Verdienst errungen und die Fähigkeit dazu ausgebildet. In Sparta gab es keine eheliche Liebe, keine Mutterliebe, keine kindliche Liebe, keine Freundschaft – es gab nichts als Bürger, nichts als bürgerliche Tugend.

… Ein Staatsgesetz machte den Spartanern die Unmenschlichkeit gegen ihre Sklaven zur Pflicht; in diesen unglücklichen Schlachtopfern wurde die Menschheit beschimpft und mißhandelt. In dem spartanischen Gesetzbuche selbst wurde der gefährliche Grundsatz gepredigt, Menschen als Mittel und nicht als Zwecke zu betrachten – dadurch wurden die Grundfesten des Naturrechts und der Sittlichkeit gesetzmäßig eingerissen.

… Welch schöneres Schauspiel gibt der rauhe Krieger Cajus Marcius in seinem Lager vor Rom, der Rache und Sieg aufopfert, weil er die Tränen der Mutter nicht fließen sehen kann!“

„… Der Staat (des Lykurgus) könnte nur unter der einzigen Bedingung fortdauern, wenn der Geist des Volks stillstünde; er konnte sich also nur dadurch erhalten, daß er den höchsten und einzigen Zweck eines Staates verfehlte.“

Aus Goethe „Des Epimenides Erwachen“, zweiter Aufzug, vierter Auftritt:

Genien
Doch was dem Abgrund kühn entstiegen,
Kann durch ein ehernes Geschick
Den halben Weltkreis übersiegen,
Zum Abgrund muß es doch zurück.
Schon droht ein ungeheures Bangen,
Vergebens wird er widerstehn!
Und alle, die noch an ihn hangen,
Sie müssen mit zu Grunde gehn.

Hoffnung
Nun begegn’ ich meinen Braven,
Die sich in der Nacht versammelt
Um zu schweigen, nicht zu schlafen,
Und das schöne Wort der Freiheit
Wird gelispelt und gestammelt,
Bis in ungewohnter Neuheit
Wir an unsrer Tempel Stufen

Wieder neu entzückte es rufen:
(Mit Überzeugung laut:)
Freiheit!
(gemäßigter)
Freiheit!
(von allen Seiten und Enden Echo:)
Freiheit!
 

Wir bitten Sie, dieses Blatt mit möglichst vielen Durchschlägen abzuschreiben und weiter zu verteilen!

Montag, 5. Oktober 2020

Hinterm Gläsernen Vorhang

Dises wunderbare Foto von DagmarN aus der Elbphilharmonie in Hamburg gibt das Gefühl gut wieder

Seit vorgestern dürfen wir nicht mehr nach Deutschland einreisen. Es sei denn, wir könnten einen negativen PCR-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Da man sich hier nur testen lassen darf, wenn man verdächtige Symptome hat, fällt diese Möglichkeit flach.

Ausgenommen von der Regelung sind di
e beiden Provinzen, in denen die meisten deutschen Touristen Urlaub machen: Zeeland und Limburg.

Plötzlich fühle ich mich gefangen. Noch mehr in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Mir wird zum ersten Mal fühlbar bewusst, wie klein dieses Land ist. Wie schnell ich irgendwo eine Begrenzung erreiche.

Die längste Entfernung, die ich von hier aus innerhalb der Landesgrenzen zurücklegen kann, beträgt noch keine 300 km Luftlinie und etwa 360 km mit dem Auto: nach Maastricht oder Middelburg. Die beiden Orte liegen, man dachte es sich schon, in den Provinzen Limburg und Zeeland.
Bis zum Dollart sind es 25 km, von dort aus kann ich zum jetzt unerreichbaren Emden schauen. Zur Nordseeküste (Wattenmeer) sind es ca. 50 km. Und zur deutschen Grenze mit Ostfriesland etwa 30 km.

Dort steh ich dann, schaue ins gelobte Land mit all seinen Geschäften, in denen ich kaufen könnte, was es hier nicht gibt, und mit seinen Tankstellen, bei denen das Benzin 30 ct pro Liter billiger ist. Ich kann hinschauen. Aber ich darf nicht hin.










Da die internationale Post noch funktioniert, habe ich mir schon überlegt, meine dm-Einkaufsliste
voller Drogeriewaren, die es hier in dieser Weise nicht gibt, an jemand in Deutschland zu übermitteln mit der Bitte, diese Dinge für mich zu kaufen und sie dann als Paket an mich zu schicken. "Päckchen von drüben", sozusagen.

Eine Brieffreundin, 27 Jahre alt, schrieb mir in ihrem letzten Brief, dass die Zustände voller Zwänge, die jetzt in Deutschland herrschen, die übrigens viel strenger sind und zu viel übergriffigeren Auswüchsen führen als hier (ich glaube, kein Gemeindlicher Gesundheitsdienst käme auf die Idee, sich Zwangsmaßnahmen auszudenken, wie sie von deutschen Gesundheitsämtern zuhauf ausgeübt werden), sie an das erinnern, was sie über die DDR gehört und gelesen hat. Diesen Vergleich habe ich von Deutschen schon öfter gelesen.

Es ist ein ganz komisches Gefühl, in dem Land, aus dem ich stamme, plötzlich zur unerwünschten Person geworden zu sein. Es sei denn, ich genügte bestimmten Auflagen, die mir aber unerfüllbar sind.











Das macht etwas mit mir.

Indem es mich zwingt, in jenem Land zu bleiben, in dem ich gerade bin, bringt es mich dazu, mich stärker mit diesem Land zu identifizieren. Indem es mich noch ein Stück mehr von Deutschland entfernt und damit ein Stück weit heimatlos macht, bringt es mich dazu, meine nationale Identität zu überdenken. Wo will ich eigentlich dazugehören? Will ich noch Teil jenes Deutschland ausmachen, das aus meinem "Heimatland" gerade wird?
Das Wort "Emigrantin" taucht plötzlich in meiner Gedankenwelt auf.

Unwillkürlich fühle ich mich immer mehr als "Niederländerin". Der – jedenfalls in meiner und der Folgegeneration anwesende – Freiheitswillen wird mir immer bewusster, und ich schätze ihn in immer stärkerem Maß.

Dass der Ministerpräsident so jung ist, und mit ihm ein großer Teil seiner Regierung, erscheint mir zur Abwechslung mal als Vorteil. Ja, er ist ein liberal-Ökonom. Ja, er ist ein liberalpolitischer Macher. Aber jetzt zeigt sich, dass er weniger anfällig ist für ängstlich-panisches Reagieren als eine Kanzlerin, die selbst zur "Risikogruppe" gehört und die angefeuert wird durch Ministerpräsidenten, die auch mehr oder weniger zur Risikogruppe gehören. Als Angehöriger einer der "Risikogruppen" hat man automatisch mit Bedrohtheitsgefühlen und Todesangst zu kämpfen. Kein Wunder, dass sie kritiklos alles glauben, was heilsversprechende, jungtechnokratische, profilierungs- und gewinnsüchtige Ex-Pharma-Lobbyisten und Virologen ihnen erzählen.

Wieder einmal wird also mit der Grenzschließung der C-Virus-Wahnsinn zum zwar unfreiwilligen, aber interessanten Selbst-Versuch.
Auch auf dies Stück soziologischer Feldarbeit hätte ich gerne verzichtet.
Nun gut. "Es ist nicht anders".
Wie man hier sagt.

Donnerstag, 1. Oktober 2020

Maulkorb

Diesen Maulkorb habe ich unter tierärztlichem Praxisbedarf gefunden.

Jetzt ist es so weit. Der Ministerpräsident in den Niederlanden ist vor dem Druck eingeknickt, den die Opposition (Grün-Links, Sozialdemokraten: Partij van de Arbeid, Sozialisten: SP, Seniorenpartei: 50+), die Koalitionspartei D66 und vor allem Presse, Funk und Fernsehen ausgeübt haben. Obwohl der Chef des niederländischen Pendants zum RKI noch immer ehrlich genug ist, zu sagen, dass Mund-Nasen-Bedeckungen nur sehr wenig Nutzen haben, wird von der Politik die "dringende Empfehlung" gegeben, in öffentlich zugänglichen geschlossenen Räumen nur noch mit verhülltem Gesicht herumzulaufen.

Jaap van Dissel, Direktor des RIVM (und anders als die Jungspunde in Deutschland ein lebenserfahrener Mann und Wissenschaftler, der keine zusätzlichen Lorbeeren mehr nötig zu haben scheint), bleibt in einem Interview im Algemeen Dagblad dabei, dass der Nutzen von Masken sehr beschränkt ist. Sein Institut hat in einer Meta-Auswertung Untersuchungen zum Thema ausgewertet. In diesen Untersuchungen ging es immer um medizinische Masken mit Gütezeichen. Im Interview erzählt er (Übersetzung von mir): "Wir fragen uns wirklich, welchen zugefügten Wert eine allgemeine Masken-Empfehlung hat, zusätzlich zu den anderen Maßnahmen. Die zuverlässigste Untersuchung zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, Grippe zu bekommen um 6 Prozent abnimmt, wenn eine Woche lang Maske getragen wird. Eine neue Norwegische Studie stellt fest, dass 10.000 Menschen eine Woche lang eine Maske tragen müssen, um eine einzige Ansteckung zu vermeiden."

Anders als in Deutschland sind in den  Niederlan-
den Schals und Schlauchschals als Maskenersatz
nicht zugelassen.       Dies Modell gibts auf ebay.

 

Aktuell wurde und wird die Panik durch die Medien heftig geschürt. Ich habe ein paar Mal Interviewfragen von Journalisten gegenüber Vertretern gemäßigter Maßnahmenpakete gehört, in denen ziemlich aggressiv auf harte Maßnahmen gedrängt wurde, um das Virus zurückzudrängen. Wirklich sehr bedrängend wurde gefragt, warum man hier per se keine harten Maßnahmen einführen wolle, wo doch die Menschen von sich aus offenbar nicht einsichtig genug seien. 

Und auch die Opposition versucht, durch den Ruf nach scharfen Maßnahmen Land zu gewinnen. Nächstes Jahr sind Parlamentswahlen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

Bislang war die Gesichtsverhüllung nur regional empfohlen bzw. vorgeschrieben. Dort, wo man die 1,5 m nicht gut einhalten kann. Eine einigermaßen intelligente Maßnahme, ließ sie doch wenigstens den Menschen in dünn besiedelten, ländlichen Gebieten ihre Freiheit, und solche Gebiete gibt es in den Niederlanden viele. Aber natürlich können die, die selbst ein verhülltes Gesicht verpasst kriegen (die Politiker leben ja alle im dichtbesiedelten Westen) diejenigen nicht in Frieden frei herumlaufen lassen, die ihr Gesicht offen zur Schau tragen.
Und natürlich wird sofort auch danach gerufen, dass die Kinder und Jugendlichen in den weiter-führenden Schulen fortan maskiert gehen sollen.

Gerade Grün-Links versucht enorm, sich mit dem Ruf nach scharfen Maßregeln zu profilieren. Besonders tut sich da die Bürgermeisterin von Amsterdam hervor, die meiner Ansicht nach vollkommen im Panikzustand feststeckt und verzweifelt und einigermaßen hilflos versucht, sich als gute "Bürgermutter" zu gerieren. Eine große Enttäuschung. Wie in Deutschland standen "Grün" und "Links" auch hier einmal für Widerstand, Frieden und Freiheit. Das ist Geschichte.

Man redet auch schon von einer nächtlichen Ausgangssperre.
Das Virus kann nämlich Tageszeiten unterscheiden und ist offenbar zwischen 23 Uhr und 6 Uhr morgens besonders gefährlich…  *Sarkasmus aus*

Ausgangssperren gab es in den Niederlanden zuletzt in der Zeit der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Schon das Wort Ausgangssperre war für die Menschen in diesem Land verknüpft mit den schmerzlichen Erinnerungen an jene fürchterliche historische Periode. Ich kann es kaum fassen, dass die C-Virus-Panik offenbar so riesig ist, dass selbst dieses Tabu nun zu wackeln beginnt. Zu welch bizarren Ideen die weitgehende Hilflosigkeit angesichts der bedrohlich empfundenenen Kräfte der Natur doch führen kann!

Nun beginnt also auch in den Niederlanden allmählich der gleiche Wahnsinn um sich zu greifen, wie ich ihn in Deutschland bereits in den letzten Wochen und Monaten beobachtet habe. Als erstes fällt mir auf, dass offenbar die meisten Menschen auch hier zunächst einmal zu glauben scheinen, dass das Maskentragen sie selbst schützt.

Heute ist mir zum ersten Mal im Bio-Laden in Winschoten ein verängstigter älterer Mann begegnet, in der Art, wie ich es bei meinem letzten Frankfurt-Besuch auch erlebt hatte. Er ging mit Maske und Plastikhandschuhen zum Einkaufen. Er traute sich gar nicht in den Laden hinein, sondern blieb in der Tür stehen und bat die Verkäuferin, alles für ihn zusammen zu suchen. Nachsichtig und servicefreundlich, wie die Mitarbeitenden in den Läden hier ganz oft sind, tat sie dies mit großer Seelenruhe und Freundlichkeit.

Kaum auch ist die Empfehlung zum Masketragen in öffentlich zugänglichen Gebäuden ausgesprochen, sieht man schon Leute selbst im Freien maskiert herumlaufen. Es ist zum Heulen!

In den kommenden Wochen werde ich nun auch hier im Land beobachten können, ob und wie das Maskentragen die sowieso schon angespannte Atmosphäre im Zusammenleben weiter verändert.
Auf die Chance zu diesem Feldversuch hätte ich nur allzugerne verzichtet.

 

Nachtrag: In den öffentlichen Verkehrsmitteln scheint es schon manchmal enorm zur Sache zu gehen. Letzten Sonntag wurde eine Frau im Zug von Utrecht nach 's-Hertogenbosch von einem Mitreisenden angegriffen und ziemlich verletzt, weil sie ihre Maske weggeschoben hatte, um etwas zu trinken.

 

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