Dises wunderbare Foto von DagmarN aus der Elbphilharmonie in Hamburg gibt das Gefühl gut wieder |
Seit vorgestern
dürfen wir nicht mehr nach Deutschland einreisen. Es sei denn, wir könnten
einen negativen PCR-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Da man
sich hier nur testen lassen darf, wenn man verdächtige Symptome hat, fällt
diese Möglichkeit flach.
Ausgenommen von
der Regelung sind die beiden Provinzen, in denen die meisten deutschen
Touristen Urlaub machen: Zeeland und Limburg.
Plötzlich fühle
ich mich gefangen. Noch mehr in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Mir
wird zum ersten Mal fühlbar bewusst, wie klein dieses Land ist. Wie schnell ich irgendwo eine Begrenzung erreiche.
Die längste
Entfernung, die ich von hier aus innerhalb der Landesgrenzen zurücklegen kann,
beträgt noch keine 300 km Luftlinie und etwa 360 km mit dem Auto: nach Maastricht
oder Middelburg. Die beiden Orte liegen, man dachte es sich schon, in den
Provinzen Limburg und Zeeland.
Bis zum Dollart
sind es 25 km, von dort aus kann ich zum jetzt unerreichbaren Emden schauen.
Zur Nordseeküste (Wattenmeer) sind es ca. 50 km. Und zur deutschen Grenze mit
Ostfriesland etwa 30 km.
Dort steh ich dann, schaue ins gelobte Land mit all seinen Geschäften, in denen ich kaufen könnte, was es hier nicht gibt, und mit seinen Tankstellen, bei denen das Benzin 30 ct pro Liter billiger ist. Ich kann hinschauen. Aber ich darf nicht hin.
Da die internationale Post noch funktioniert, habe ich mir schon überlegt, meine dm-Einkaufsliste voller Drogeriewaren, die es hier in dieser Weise nicht gibt, an jemand in Deutschland zu übermitteln mit der Bitte, diese Dinge für mich zu kaufen und sie dann als Paket an mich zu schicken. "Päckchen von drüben", sozusagen.
Eine Brieffreundin, 27 Jahre alt, schrieb mir in ihrem letzten Brief, dass die Zustände voller Zwänge, die jetzt in Deutschland herrschen, die übrigens viel strenger sind und zu viel übergriffigeren Auswüchsen führen als hier (ich glaube, kein Gemeindlicher Gesundheitsdienst käme auf die Idee, sich Zwangsmaßnahmen auszudenken, wie sie von deutschen Gesundheitsämtern zuhauf ausgeübt werden), sie an das erinnern, was sie über die DDR gehört und gelesen hat. Diesen Vergleich habe ich von Deutschen schon öfter gelesen.
Es ist ein ganz komisches Gefühl, in dem Land, aus dem ich stamme, plötzlich zur unerwünschten Person geworden zu sein. Es sei denn, ich genügte bestimmten Auflagen, die mir aber unerfüllbar sind.
Das macht etwas mit mir.
Indem es mich zwingt, in jenem Land zu bleiben, in dem ich gerade bin, bringt es mich dazu, mich stärker mit diesem Land zu identifizieren. Indem es mich noch ein Stück mehr von Deutschland entfernt und damit ein Stück weit heimatlos macht, bringt es mich dazu, meine nationale Identität zu überdenken. Wo will ich eigentlich dazugehören? Will ich noch Teil jenes Deutschland ausmachen, das aus meinem "Heimatland" gerade wird?
Das Wort "Emigrantin" taucht plötzlich in meiner Gedankenwelt auf.
Unwillkürlich fühle ich mich immer mehr als "Niederländerin". Der – jedenfalls in meiner und der Folgegeneration anwesende – Freiheitswillen wird mir immer bewusster, und ich schätze ihn in immer stärkerem Maß.
Dass der Ministerpräsident so jung ist, und mit ihm ein großer Teil seiner Regierung, erscheint mir zur Abwechslung mal als Vorteil. Ja, er ist ein liberal-Ökonom. Ja, er ist ein liberalpolitischer Macher. Aber jetzt zeigt sich, dass er weniger anfällig ist für ängstlich-panisches Reagieren als eine Kanzlerin, die selbst zur "Risikogruppe" gehört und die angefeuert wird durch Ministerpräsidenten, die auch mehr oder weniger zur Risikogruppe gehören. Als Angehöriger einer der "Risikogruppen" hat man automatisch mit Bedrohtheitsgefühlen und Todesangst zu kämpfen. Kein Wunder, dass sie kritiklos alles glauben, was heilsversprechende, jungtechnokratische, profilierungs- und gewinnsüchtige Ex-Pharma-Lobbyisten und Virologen ihnen erzählen.
Wieder einmal
wird also mit der Grenzschließung der C-Virus-Wahnsinn zum zwar unfreiwilligen,
aber interessanten Selbst-Versuch.
Auch auf dies Stück
soziologischer Feldarbeit hätte ich gerne verzichtet.
Nun gut. "Es
ist nicht anders".
Wie man hier sagt.
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