Mitte März bis 10. April 2020 täglich. Ab 11. April 2020 erscheinen die Beiträge jeden zweiten Tag. Ab Montag, 22. Juni 2020 immer Montag und Donnerstag abends. Ab Montag, 13. Dezember 2021 am Montagabend nach 22 Uhr.


Montag, 12. September 2022

Glücksmomente

"Vielleicht sieht es so aus, als ob Stille vor allem aus dem Fehlen von Geräuschen bestehe. Es ein verneinender Begriff also sei. Aber genau wie Freiheit mehr ist als die Abwesenheit von Zwang, so ist Stille die vollkommene Anwesenheit in Dir selbst und bei den Dingen.
Das Fortfallen hindernder Geräusche gibt der Seele die Gelgenheit, sich gänzlich und in  vollkommener Tiefe der Wirklichkeit zu öffnen.

"Still" meint nicht nur das Fehlen von Geräuschen; es meint auch: Ruhe und Frieden.

Letztendlich sind jene Momente, in denen man ein eindringliches und erhöhtes Bewusstsein des Lebens
auch des eigenen Lebens erfährt, beinahe immer solche, in denen man alleine ist und Stille erlebt.
Die Kultur des Lärms macht uns taub für die wesentliche Dimension der Wirklichkeit."

Diese Textpassage von Ton Lemaire, wiederum gefunden im "Ketzerischen Katechismus" von Hein Stufkens ("Een Ketterse Catechismus – schets van een spiritualiteit voor morgen (2008, S. 111)", und wiederum von mir übersetzt, hat mich zutiefst berührt, als ich sie vor ein paar Tagen las.

Stufkens selbst schreibt weiter:
"Im erfrischenden Bad der Stille werden unser Herz, unsere Seele und unsere Augen reingewaschen."

Solche tiefen Momente echter Stille sind Sternmomente.
Ganz große Geschenke ins Leben.
Während ich den Text las, erinnerte ich mich ihrer, fühlte sie in mir wachwerden.
Ich war zu Tränen gerührt. (Passiert mir momentan öfter.)
So eine tiefe Sehnsucht nach dieser inneren Stille, diesem inneren Frieden!
Kontrapunkt zu dem, was vom Außen auf mich einstürmt. Kontrapunkt zu dem Brausen, Rauschen, Lärmen der Informationen, das mich manchmal völlig zu überspülen droht.
Aufatmen.
Schon früher habe ich gelegentlich solche Momente der absoluten und glückseligen Stille erlebt. Einen erinnere ich gerade ganz plastisch, obwohl er Jahrzehnte zurück liegt. Es muss in den späten 90er Jahren des letzten Jahrhunderts gewesen sein. Während eines Fahrradausfluges kam ich am Kloster Engelthal in Altenstadt vorbei. Die gar nicht große Kirche zog mich magisch an, ich stieg ab, ging hinein.
Nachdem die Eingangstür geschlossen war, umfing mich eine enorme, besondere Stille. Alle Umgebungsgeräusche waren draußen geblieben, wie nicht mehr vorhanden, verstummt.
Der Raum selbst war absolut still.
Das Einzige, was ich noch hörte, war das Rauschen in meinen Ohren.
Nach und nach ergriffen der Frieden und die besondere Atmosphäre des Ortes Besitz von mir und der Schreck über das laute Rauschen in meinen Ohren verflüchtigte sich. Machte einer ganz großen inneren Stille Platz.
Ruhe. Frieden. Zentriertheit. Einverstandensein.

Gelegentlich stellt sich Ähnliches wieder ein. Oft erst, wenn ich aus einer Meditation zurückkehre in meine tägliche Umgebung, in mein Außen, wird mir bewusst, dass ich aus der Stille zurückkomme.

So werde ich auch heute Abend wieder meine 20 bis 20 Minuten 'sitzen'.
Darauf freue ich mich.

 

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