Ganz zu Beginn dieses Blogs schrieb ich schon einmal, und auch ein weiteres Mal Mitte letzten Jahres dass ich mich in diesen Jahren der C-Krise wie in einer Achterbahn fühle. Das ist noch immer so. Auch zur Zeit. Es geht mir so, wie das Wetter draußen ist: abwechselnd Schnee, Regen, Sonne; dicke schwarze Wolken, weiße Wölkchen, blauer Himmel; stürmisch, ruhig.
Sehnsucht danach, einfach normal zu leben. Ohne, dass ständig eine bekannte oder neue Panik - irgendein Bedrohungsszenario wird es schon geben, mit dem sich den Menschen Angst machen lässt - wie die sprichwörtliche Sau durchs Dorf getrieben wird.
Sehnsucht nach einer Lebensatomosphäre ohne die allgegenwärtige Angst vor {setze hier ein, was gerade die Schlagzeilen beherrscht}. Und ohne dieses Wechselbad von Zügel anziehen - Zügel lockern - Zügel noch härter anziehen.
Vor gut einer Woche fand sie in den Niederlanden statt, die berühmte Pressekonferenz der hiesigen Regierung, auf der die "Lockerungen" verkündet wurden, auf die alle schon so dringend warteten. Es waren ja genug Details schon auf irgendwelchen Wegen in die Presse lanciert worden.
Tauwetter auf unserem Dachfenster, 21.02.2022 |
genannt) verschwindet" lauteten enthusiastische Überschriften.
Überenthusiastische Überschriften.
Nichts davon verschwindet wirklich. Es wird nur vorläufig nicht mehr eingefordert.
Zunächst mal wurden lediglich Öffnungszeiten verlängert bis nachts um 1 Uhr: Theater, Gastronomie, Kinos z.B. Zugang mit 3g, drinnen darf man dann aber ohne Maske sich aufhalten, und die Einsfünzig-Regel sowie maximale Besucherdichte sind aufgehoben. Außerdem dürfen zuhause wieder mehr als vier Menschen gleichzeitig zu Besuch kommen.
Erst ab kommenden Freitag dann wird die Maskenpflicht völlig aufgehoben (außer in der öffentlichen Personenbeförderung und wahrscheinlich in Krankenhäusern, Polikliniken und Arztpraxen) und 3g außer Kraft gesetzt (außer bei Veranstaltungen in Innenräumen mit mehr als 500 Besuchern). Und der verplichtete 1,5-m-Abstand wird aufgehoben.
So ist es dann doch Einiges, was ab 25. Februar wieder gelebt werden darf. Ungefähr so wie
im Sommer 2020, denke ich. Das bringt erst einmal ein erleichtertes Gefühl zuwege. Für meine Reise nach Amsterdam nächste Woche, bei der ich um punkt soviel Uhr bei einem Termin sein muss, bedeutet es, dass ich eventuelle Wartezeit (hab ja einen Puffer eingebaut) ohne weiteres Hick-Hack und mit hergezeigtem Gesicht irgendwo bei einer Tasse Kaffee überbrücken kann.
Jedoch: am 15. März gibt’s eine neue Pressekonferenz, bis dahin wird alles nochmal unter die Lupe genommen. Ehrlich gesagt rechne ich zu jenem Zeitpunkt nicht mit erneuten Verschärfungen, denn am 17. März sind in den gesamten Niederlanden Gemeinderatswahlen. Käme gar nicht gut.
Blauer Himmel 21.02.2022 |
Was mich sehr erstaunte, war die Tatsache, dass zur gleichen Zeit, zu der hier plötzlich über zumindest teilweises Aufheben der Lebensbeschränkungen angefangen wurde, öffentlich und regierungsintern zu diskutieren, plötzlich in vielen umgebenden Ländern auch von anstehenden Lockerungen die Rede war. Es kam mir sozusagen von allen Ecken und Enden entgegen. Zwar nicht im Gleichschritt, aber doch in gleichem Schritt schien es überall plötzlich voranzugehen.
Es fühlte sich an
wie damals zu Beginn der 👑 Krise, als auf einmal überall die Rede vom
Gleichen war. Damals waren es Ausdrücke wie "neues Normal",
"1,5-m-Abstand", "Hygieneregeln" und die später schleichend eingeführte Verdrehung der
Bedeutung des Wortes Solidarität.
Heute ist es die Rede von den "Erleichterungen".
Je nach Grad des inzwischen stattfindenden Autoritarismus in den einzelnen
Ländern bedeuten sie eine mehr oder weniger große (zeitweise) Rückerstattung von Freiheit.
Es macht mich nachdenklich.
Genau, wie mich nachdenklich macht, dass derweil bei der WHO an neuen Regeln zu unentkommbaren weltweiten Bestimmungen für den Fall zukünftiger Pandemien gestrickt wird. Wo bleibt die Autonomie der Nationalstaaten? Es ist doch immer noch die Regierung jedes einzelnen Landes, die entscheidet, was in ihrem Einflussbereich gilt und was nicht.
In wie weit sind internationale Verträge gültig, frage ich mich, in denen Regierungen dieses Recht
Schneegestöber 21.02.2022 |
Nachdenklich macht mich auch die Verordnung der Europäischen Kommission, die aktuell in Vorbereitung ist. Mit ihr soll der Einsatz des 'EU-Zertifikats über geimpft/genesen/getestet' über das heutige Gültigkeitsende 30.6.2022 um zunächst ein weiteres Jahr verlängert werden. In kurzen Worten läuft es darauf hinaus, dass, solange die pandemische Lage bestehen bleibt, die Freizügigkeit innerhalb Europas beschränkt bleibt auf diejenigen, die ein solchen Zertifikat vorweisen können.
Im Erläuterungstext
zu der Verordnung wird dabei in einer gewissen Verdrehung der Tatsachen ständig
von "Erleichterung der sicheren Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit
während der COVID-19-Pandemie" (z.B. S. 2 des Dokuments) gesprochen. Es
soll "die Freizügigkeit erleichtert werden" (S. 1).
An anderer Stelle
wird ein anderer Zweck der Übung deutlich benannt: "ist die Steigerung der
Impfquote nach wie vor ein wesentliches Ziel im Kampf gegen die Pandemie"
(S. 4), wozu hauptsächlich das "EU-Zertifikat", im Volksmund
"Corona-Pass" genannt beitragen soll. Seine von der EU-Kommission
als solche benannten Erfolge in dieser Hinsicht sind ganz am Anfang des Textes benannt:
"Studien zufolge hat seine Verwendung zu einer verstärkten Impfaktzeptanz
(…) geführt." (S. 1unten, 2 oben)
Mit anderen Worten:
eine Menge Leute haben sich der Impfung unterzogen, um frei reisen zu können.
Im Dokument wird
auch berichtet, dass etwa ein Drittel (ich habe mir die Studie angesehen, es sind 34%) der im Rahmen einer Eurobarometer-Umfrage befragten
EU-Bürger nicht der Meinung war, dass das Zertifikat eine gute und sichere
Möglichkeit zur Garantie der Freizügigikeit in Europa sei.
(Wobei mir als
Soziologin allerlei Fragen kommen angesichts der Art und Weise, in der die
Fragen im Rahmen Untersuchung gestellt wurden. Das habe ich damals im Studium
anders gelernt. Aber dies nebenbei.)
Zu dieser Verordnung
"VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
zur Änderung
der Verordnung (EU) 2021/953 über einen Rahmen für die Ausstellung, Überprüfung
und Anerkennung interoperabler Zertifikate zur Bescheinigung von COVID-19-Impfungen
und -Tests sowie der Genesung von einer COVID-19-Infektion (digitales
COVID-Zertifikat der EU) mit der Zielsetzung der Erleichterung der Freizügigkeit
während der COVID-19-Pandemie" findet zur Zeit eine Bürgerbefragung statt. Noch bis zum 8. April kann
jeder EU-Bürger, jede EU-Bürgerin ihre Meinung dazu offiziell
kundtun.
Bislang (Stand 21.02.2022 21:00 Uhr) haben 58.968 Bürger dies getan.
Hoffentlich werden es noch viel, viel mehr, die von einer der wenigen Möglichkeiten Gebrauch machen, als EU-Bürger eine Meinung zu den Vorhaben der EU-Kommission zu äußern!
Mitmachen kann
man über diesen Link .
Lieber Silberstern,
AntwortenLöschendanke wieder einmal für Deinen Beitrag und den Hinweis auf die Befragung, den ich natürlich gleich mit folgender Stellungnahme wahrgenommen habe:
Ich bin gegen jedweilige Einschränkung der Freizügigkeit im Zusammenhang mit COVID und ähnlichen Erkrankungen.
Danke :-)
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