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Donnerstag, 24. September 2020

Hölle und Himmel

In meiner V.L.O.W. Gruppe hörte ich heute eine wunderbare Geschichte, die ich gerne mit Euch teilen möchte. Wir unterhielten uns über das veränderte Klima im Zusammenleben der Menschen, über das immer noch zunehmende Ich-Ich-Ich, die immer mehr spürbare Spannung und die Angst ums Überleben, die als gesamtgesellschaftliches Klima enorm zugenommen haben. 

Und dann erzählte eine aus der Gruppe die folgende Geschichte über Hölle und Himmel. 

Es war einmal ein Mann, Karl mit Namen, der plagte sich schon wochenlang mit einer furchtbaren Angst vor dem Sterben und fragte sich zitternd und zagend, ob er nach seinem Ableben wohl in die Hölle oder in den Himmel kommen werde. Am liebsten wüsste er sicherheitshalber vorher schon, wie es dort jeweils sein würde. 

Plötzlich stand eine hochgewachsene Lichtgestalt neben ihm: ein Engel. "Du willst sehen, wie es in der Hölle und im Himmel zugeht? Dann komm mit. Ich zeig's Dir."
Das ließ Karl sich nicht zwei Mal sagen. Vertrauensvoll machte er sich mit dem Engel auf den Weg.


An der Pforte der Hölle angekommen, taten sich die Tore wie von Geisterhand auf, und Karl und der Engel konnten einen ausführlichen Blick nach drinnen nehmen.
 

Nix brennende Feuer, nix fürchterliche Monstergestalten, nix Teufel mit Forken, die arme Seelen piesackten. Sie schauten in einen wunderschönen großen Saal, darin eine lange, festlich gedeckte Tafel mit allen Köstlichkeiten, die man sich nur vorstellen konnte. In kristallenen Weinkelchen funkelte wunderbarer Rotwein. Rund um diese Festtafel saß eine bunte Gesellschaft von Leuten aus allen Schichten und aus aller Herren Länder. 

Das einzig auffallende war: es herrschte eine bedrückte Stille, und sie aßen nichts und tranken nichts. Zwar bemühten sich alle furchtbar, etwas zu sich zu nehmen, das Wasser war ihnen im Munde zusammengelaufen, und sie hatten Hunger und Durst. Aber all ihr Bemühen war vergebens. Sie hatten riesenlange Arme, mit denen sie die Speisen und Getränke nicht zum Mund führen konnten. 

Wie von Geisterhand schlossen sich die Türen wieder. Karl fühlte eine Gänsehaut.
"Nun geht's zum Himmel", verkündete der Engel. Gesagt, getan.
 

Auch das Himmelstor öffnete sich wie von selbst, so dass unsere beiden Reisenden ausführlich betrachten konnten, was es zu sehen gab. Karl staunte nicht schlecht, als er in einen vergleichbaren, wundervollen Saal blickte. Auch hier gab es eine lange Tafel, festlich gedeckt und beladen mit den herrlichsten Speisen und erlesensten Weinen. Auch hier saß eine bunte Gesellschaft von Menschen aus allen Schichten und aus aller Herren Länder rund um die Festtafel. Allerdings waren sie fröhlich im Gespräch mit einander und genussvoll beim Essen und Trinken. 

Auch sie hatten viel zu lange Arme, so dass sie die Speisen und Getränke nicht zum eigenen Mund führen konnten.
Aber…. anstatt zu versuchen, mit den ungeeigneten Armen die Herrlich-keiten in den eigenen Mund zu kriegen, nährten sie einander. Mit den langen Armen konnten sie prima bis zum Mund der ihnen gegenüber sitzenden Person reichen. Sie erzählten einander, worauf sie gerade Appetit hatten, oder wann sie etwas bzw. was sie gerade trinken wollten. Das war ein Hall
o! Manchmal viel jemand etwas von der Gabel oder dem Löffel, und ab und zu traf einer nicht gut den Mund des Gegenüber, und es wurde gekleckert. Viel fröhliches Lachen war die Reaktion auf solche Missgeschicke. 

Schwupp…. schlossen auch hier die Türen sich wieder wie von Geisterhand.
"So ist das also!" dachte Karl. Die Gänsehaut war verschwunden.

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