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Montag, 7. Dezember 2020

Verquer

Mein Vater hat sich selbst immer als 'Querdenker' bezeichnet, und er hat mich durch sein So-Sein gelehrt, Dinge zu hinterfragen und auch durchzufragen. Ein X für ein U vormachen, das brauchte man bei ihm gar nicht zu versuchen.

Inzwischen ist Querdenken enorm in Verruf geraten. Menschen, die sich dazu bekennen, dass sie nicht ohne weiteres bereit sind, Xe als Us anzusehen, kriegen in der veröffentlichten Diskussion unverzüglich einen Aluhut verpasst. Lediglich Geradeausdenken scheint noch angesagt und zulässig.

Aber wie war das doch noch? "Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom".
Di
es war mal ein beliebter Spruch in grün-alternativen Kreisen, der manches Auto in Form eines Aufklebers zierte. Oder auch populär war als Visitenkarte unter Profilen in www-Diskussionsforen.

Dieser Tage habe ich eine interessante Zuschrift bekommen, die sich klug mit genau diesem Thema befasst. Sie ist der heutige Gastbeitrag in meinem Blog:

Am Anfang war der Gedanke

- das ging mir durch den Kopf als ich heute Morgen über die verschiedenen Verbote von "Querdenker" las. Natürlich ist wegen den Anführungszeichen eine Gruppierung gemeint und gewisse damit verbundene Ereignisse. Nur wie wird das vom Kopf her wahrgenommen? Und wenn später jemand das liest, ist er fähig, die Zusammenhänge zu erfassen?

Es ist sicher mühselig drüber zu diskutieren, ob der Gedanke zuerst da war oder das Wort, so wie es die Bibel ausdrückt. Momentan in deutschen Landen scheint es wohl der Gedanke zu sein, dem der Ursprung zugesprochen wird. Denn "Querdenker" scheinen gefährlich zu sein, und es gibt mehrere "Querdenker"-Verbote als Ergebnis von Ausschreitungen bei Demonstrationen.

Buchtitel gefunden bei bol.com

Querdenken an sich, folgt man dem Duden, beinhaltet letztendlich unkonventionell, originell denken. In der Wirtschaft waren diese Menschen gefragt und gesucht wegen ihrer besonderen Qualitäten:

"(…) sind Querdenker Menschen, die einen anderen Denkansatz verfolgen, der von klassischen, konventionellen Wegen abweicht. Sie gehen nicht den bekannten, geraden Weg, sondern denken um die Ecke und gehen unkonventionell vor.

Querdenker betreten gedankliche Pfade, die völliges Neuland sind und sehen dabei Probleme oder Fragestellungen aus einer gänzlich neuen Perspektive." So der Beitrag der Karrierebibel.

 "War es früher der fleißige Einserkandidat, stellen sich jetzt viele geniale Entwickler und kreative Neudenker vor. Ich habe bei Indeed „Querdenker“ eingegeben: Über 600 Ergebnisse in Stelleninseraten. Im Vergleich dazu wird nur rund 200 mal ein überdurchschnittlicher oder sehr guter Studienabschluss gefordert." schreibt Svenja Hofert in ihrem Karriereblog

Illustration aus dem Karriereblog von Svenja Hofert
Heute sind sie in der öffentlichen Diskussion mit einem Makel behaftet; gelten als unliebsam oder gar gefährlich.

Nur, was wäre die Welt ohne die Menschen, die breit getrampelte Gedankenwege verlassen haben und zu neuen Erkenntnissen gekommen sind? Was wäre mit der Forschung, Medizin, Wissenschaft, Musik, Literatur, Kunst und Kultur?

Ohne diese Menschen gäb's einen Einheitsbrei (auch wenn das für manch einen sogenannten Lebensmittelhersteller wünschenswert wäre) auf allen Ebenen verbunden mit Stillstand; letztendlich eine Art Gleichschaltung.
Eine gewisse Gleichschaltung erfolgt jetzt schon, weil alle in einen Topf geworfen werden : die Menschen, die sich ernsthafte Gedanken machen und die Menschen, die aktionistisch Angst und Gewalt verbreiten und Veranstaltungen für ihre Zwecke instrumentalisieren.
Klarsichtige Differenzierung? Fehlanzeige.

Und der deutsche Michel aus dem Land der Denker und Dichter, denkt …  ob da manche nicht mehr ganz dicht sind.

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