Mitte März bis 10. April 2020 täglich. Ab 11. April 2020 erscheinen die Beiträge jeden zweiten Tag. Ab Montag, 22. Juni 2020 immer Montag und Donnerstag abends. Ab Montag, 13. Dezember 2021 am Montagabend nach 22 Uhr.


Sonntag, 29. März 2020

Zeit-Umstellung

In der vergangenen Nacht wurden um 2 Uhr die Uhren auf 3 Uhr vorgestellt. Aus der Mitteleuropäischen Normalzeit wurde die Mitteleuropäische Sommerzeit.
Für mich beginnt damit erfahrungsgemäß die monatelange Phase, in der mein inneres Gefühl davon, wie spät es ist, nicht übereinkommt mit der Uhrzeit, die auf den Uhren angegeben wird.

Mein Gefühl davon, ob es früher Morgen, Mittag oder Abend ist, wird stark vom Tageslicht gesteuert. Es verändert sich parallel zu den länger und kürzer werdenden Tagen im Jahreskreis, und ist dabei abhängig vom Lichteinfall, also letzten Endes dem Sonnenstand zu einem bestimmten Moment.

Menschen wie ich, die aus dieser inneren Uhr heraus leben und die äußere Uhr nur als Korrektiv benutzen, haben große Mühe mit dem Versetzen der Uhrzeit. Das Gefühl: 'es ist jetzt ungefähr so und so viel Uhr' bleibt ja orientiert an dem, was bis gestern gegolten hat. In unseren Breiten- bzw. Längengraden kommt die Mitteleuropäische Normalzeit den Lichtverhältnissen des tatsächlichen Sonnenstandes am Nächsten.
Die Sommerzeit tut dagegen so, als ob wir eine Zeitzone östlicher leben würden. Denn dort steht tatsächlich die Sonne am höchsten um die MESZ-"Mittagszeit". Aber in unseren Breiten... wenn jetzt, nach der Umstellung, angeblich Mittag ist, ist in Wahrheit der höchste Sonnenstand noch eine lange Weile entfernt. Im Hochsommer steht hier die Sonne um etwa 13:30  MESZ am höchsten.

Menschen wie ich, die aus der inneren Uhr heraus leben, sind den ganzen Sommer eigentlich durchgehend 'zu spät'; die Uhrzeit auf der Uhr steht dem eigenen Zeitrhythmus entgegen, der auf der Korrelation von Tageslicht und Uhrzeit gemäß dem natürlichen Verlauf beharrt. Dieser entsprechend wäre im Hochsommer "Mittag" um ca. 12:30 MEZ; wirklich am Mittag!

Sehr schön illustriert wird das durch Erlebnisse, die ich Mitte der 80er Jahre hatte, als ich an meiner Diplomarbeit schrieb. In solchen Zeiten ist die Zeiteinteilung des Tages wenig von äußeren Bedingungen geprägt; Öffnungszeiten von Bibliotheken und Ladenöffnungszeiten waren damals, als man noch ohne Laptop und Internet studierte, die wesentlichen äußeren Strukturmomente. Damals schlossen Läden noch grundsätzlich um 18:30 Uhr.

Ich war zu der Zeit keine Frühaufsteherin, und meine produktivsten Stunden waren oft nachmittags. So passierte es mir wer weiß wie oft, dass ich völlig versunken am Lesen und Exzerpieren war, über bestimmte Fragestellungen nachdachte, bis irgendwann sich ein leiser Hunger in mir regte bzw. das Gefühl aufkam: oh, es fühlt sich wie Spätnachmittag an, sieh zu, dass Du noch was eingekauft kriegst!
Wie junge Menschen so sind, Tasche und Portemonnaie gepackt und losgerannt. Um Minuten später - vor verschlossenen Türen zu stehen! Es war deutlich nach halb sieben. Wieder einmal hatte mich mein lichtgesteuertes Zeitgefühl genarrt.

Die sogenannte "Sommerzeit" ist für mich also kein Spaziergang. In den vergangenen Jahren, Jahrzehnten sind es ja nun schon, 40 Jahre, um genau zu sein! ging es mir regelmäßig dadurch nicht besonders gut. Die Zeitarrhythmie fraß Energie. Dazu kam der innere Ärger darüber, dass Politiker uns dies nun schon so lange antun. Nur wegen scheinheiliger Energiespar-Argumente. Und, um - dem alten Herrscher-Gedanken "Brot und Spiele" frönend - den einfachen Gemütern entgegen zu kommen, die einseitig auf die langen Abende schauen, an denen man so schön "draußen was machen", Spaß haben kann.

Für dies Jahr habe ich mir ein Experiment vorgenommen. Ich habe den inneren Widerstand aufgegeben. Die Verärgerung weggeschickt über die, die uns das eingebrockt haben.
Und nun bin ich gespannt, wie es sich den Sommer hindurch anfühlen wird. Ob es anders wird?

1 Kommentar:

  1. Zur Sommerzeit:

    Mich hat schon immer empört, dass uns diese zugemutet wurde, zumal mit mir NICHT nachvollziehbaren Argumenten. Von wgn "es bleibt dann länger hell": Im Sommer werden die Tage durch der Sonne Lauf automatisch länger!

    Und von wgn "Energie sparen": Untersuchungen haben ergeben, dass das einfach nicht stimmt!

    Dass die Sonne nicht mehr um 12 Uhr am Höchsten steht, dass die Außen-Temperatur-Steigerung nicht mehr dem Sonnenverlauf entspricht, passt mir gar nicht.

    Ich will eine Zeit, die dem Sonnenlauf entspricht, also will ich ewige Normalzeit (=Winterzeit)!

    Ganz herzlich grüßt
    Jo hannes

    AntwortenLöschen

Viel gelesen