Mitte März bis 10. April 2020 täglich. Ab 11. April 2020 erscheinen die Beiträge jeden zweiten Tag. Ab Montag, 22. Juni 2020 immer Montag und Donnerstag abends. Ab Montag, 13. Dezember 2021 am Montagabend nach 22 Uhr.


Freitag, 10. April 2020

Eine Frage der Perspektive



Es verändert sich wirklich einiges in diesen Wochen. In mir. Immer häufiger ändert sich meine Wahrnehmung der Dinge, meine Sicht auf die Dinge. Als ob ich durchlässiger würde für das, was es außerhalb der Schulweisheit noch zwischen Himmel und Erde gibt.

 Gartenarbeit. Wie viel Schöpferisches liegt doch in Gartenarbeit. Wie viel gesund erhaltendes auch. Selbst, wenn jemand kein explizites Bewusstsein davon hat, dass er oder sie mit Lebewesen umgeht, so gehen doch diese ihrerseits mit ihm/ihr um. Kommunizieren auf ihre Weise mit dieser Person, strahlen ihre Lebendigkeit, ihr So-Sein aus, was das Unbewusstes durchaus wahrnimmt. Woraus der Mensch Kraft schöpfen kann, auch wenn die Arbeit anstrengend ist.

Selbst bei der Hausarbeit kann ich das Schöpferische sehen und erleben. Stelle ich mir vor. Alles eine Frage des Blickwinkels.
Ich gebe den Dingen ihren Platz zurück. Ich sorge dafür, dass das Haus seine angenehme Ausstrahlung behält. Damit meine ich nicht den Quatsch von 'strahlender Sauberkeit' aus der Werbung. Vielmehr geht es darum, dass alles wieder so wird, wie es gemeint ist. Ohne Flusen auf dem Boden und Staub auf Möbeln, mit Badezimmerarmaturen ohne Kalkränder und Fenstern, durch die man ungebremst nach draußen schauen kann lebt es sich angenehmer und fühlt das Haus sich auf andere Art als Nest an.

Das Schöpferische daran ist also: ich schaffe immer wieder neu die Wohnlichkeit meiner Umgebung.
Auf diese Art kann diese Arbeit von einer lästigen Pflicht zu einer Art Selbstverständlichkeit werden. Eine Dienst-Leistung für mich und mein Haus.

Auch die Sorge für meinen Körper kann ich auf solche Weise erfahren. Duschen, Haarewaschen, Zähneputzen werden dann mehr als ein Ritual, das sich gehört, weil es Teil des Zivilisiertseins ausmacht. Es ist der Respekt gegenüber diesem Kleid meiner Seele, das mir so wunderbar dient in diesem Leben, der sich darin ausdrückt. Und auch das wird von der (lästigen) Pflicht zum Quell schöpferischer Freude.

So weit die Theorie.
Oder die schönen Erkenntnisse.

In der Praxis ist zum Beispiel Hausarbeit – schlicht anstrengend. Wenn beim Saubermachen die eine, etwas wackelige Yuccapalme umfällt und ihre feuchte Erde aufs Laminat verteilt, ist das Glück weit weg. Wenn ich zum Reinigen der Fensterbänke und/oder Fenster alle Pflanzen, alle gesammelten Steine, Muscheln, Mineralien erst ab- und nach vollbrachter Tat wieder zurückräumen muss, ist das einfach lästig. Nach dem Duschen die Armaturen trockenwischen und die ganze Duschkabine mit dem Abzieher tropfenfrei machen, um Kalkränder zu vermeiden, schmälert die Freude am Duschen erheblich. Wenn mir nach 2 Etagen Staubsaugen die OP-Narbe von vor beinahe 10 Jahren wehtut, habe ich deutlich zu viel auf einmal gewollt.

So einfach ist das alles also doch nicht. 

Wenn ich aber dranbleibe, staune ich: der Perspektivwechsel stellt sich nämlich immer leichter doch ein. Und das Haus fühlt sich sowieso wohnlicher an.



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