Verfremdete Photographie einer Dahlienblüte |
Inzwischen ist deutlich: dies ist nichts Vorübergehendes.
Inzwischen sitze ich mehr als ein Jahr – mit einer Unterbrechung im Sommer, als uns ein Teil unserer Rechte und Freiheiten zurückgegeben war – fest in diesem Dorf im Norden der Niederlande. Ich komme hier nur raus, wenn ich zum Arzt oder Ähnlichem nach Groningen oder Scheemda muss und mein Mann mich fährt. Oder wenn mein Mann zur gleichen Zeit wie ich auch Lust hat, mal woanders die tägliche Runde zu drehen.
Natürlich, die
Bahnen und Busse fahren noch. Da ich aber von den Masken schon nach kurzem
Tragen Gesundheitsprobleme bekomme,
fällt diese Möglichkeit für mich flach. Eine meiner
Freundinnen denkt hartnäckig, dass ich aus Angst vor Ansteckung nicht in den
Zug steige. Nein! Es sind die besch……. Masken, die es mir unmöglich machen, mit
öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen.
Wer hätte jemals
gedacht, dass es sich einmal als großes Manko erweisen würde, dass ich nie
Autofahren gelernt habe?
Das, was als Maßnahmen "gegen die Verbreitung" des großen C beschlossen wurde und wird, hat unser Leben völlig auf den Kopf gestellt. Wenig ist noch, wie es bis Februar 2020 war. Und wie in der berühmten Geschichte mit dem Frosch im immer heißer werdenden Wasser – hier ein Artikel in dem
Hier gehts zu einem Artikel, der die Geschichte untersucht |
die Parabel zitiert wird, die
biologisch im übrigen nicht stimmt - werden die Einschränkungen schärfer und schwerer, die Atmosphäre in der
Gesellschaft immer bedrückender. In offiziellen Kreisen werden die ersten Stimmen
laut, dass die Impfungen alle 6 Monate wiederholt werden müssen. Prost
Mahlzeit!
Es werden sich noch Viele zurücksehnen nach den Monaten bis September 2020. Was damals als Einschränkung erfahren wurde, erscheint heute paradiesisch. Heute, da in manchen Städten Menschen (mit Maske und auf Abstand wohlgemerkt) nur noch einkaufen dürfen mit Impfbescheinigung oder tagesaktuellem, negativem Test. Ohne mehr oder weniger schmerzhaft ein Stäbchen in die Nase gebohrt zu bekommen: keine Bananen, kein neuer Akku fürs Handy, keine Wandfarbe.
Und jetzt ist Ostern. Das zweite Ostern, das wir unter einschränkenden Bedingungen verbringen. Beinahe hätte ich geschrieben: in Unfreiheit verbringen; und ich weiß genau, wer aus meinem Bekanntenkreis mich hierfür kritisieren würde. Aber es ist nun einmal so: ich erlebe es als Unfreiheit.
Feststimmung will da keine aufkommen. Noch nie habe ich mich zu Ostern so un-österlich gefühlt wie in diesem Jahr. Zwar steht ein kleines Frühlingsgesteck auf unserem Tisch im Wohnzimmer, zwar habe ich artig Osterwünsche verteilt und erwidert, aber ansonsten sind es Tage wie immer.
Alle Gottesdienste, in denen mein Mann hätte spielen sollen, wurden abgesagt. Die Musik und die Lieder wurden bereits vor zwei Wochen aufgenommen, wofür der Chorleiter sowie drei Sänger/innen und mein Mann in der ansonsten leeren Kirche zusammengekommen waren. Schön weiträumig verteilt. Die Texte und die Predigten wurden von den diensthabenden Pastores zuhause aufgenommen und an jenen technisch fitten Ehrenamtlichen gemailt, der aus allem dann entsprechende Gottesdienste zusammenschnitt. Vor- und Nachspiele wurden aus dem inzwischen reichlich vorhandenen Fundus gewählt; für diesen Zweck hat mein Mann einige Stücke mit gesampelten "Hauptwerk"-Orgeln aus dem Groninger Land auf seiner digitalen Orgel eingespielt. Das Ergebnis wurde dann Gründonnerstag, Karfreitag, in der Osternacht und am Ostersonntag zu den üblichen Gottesdienstzeiten auf der Website online gestellt.
Oster-Gefühl?
Wie war das noch mit der Auferstehungsfeier, die in der dunklen Kirche beginnt und mit dem Licht, das von Kerze zu Kerze unter den Gottesdienstbesuchern weitergegeben wird? Die Osterkerze, die mit dem Gesang "Lumen Christi" feierlich in die Kirche getragen wird? Wie war das noch mit dem Vorlesen des Oster-Evangeliums und dem gewaltigen Gefühl, als nach tagelangem Schweigen erstmals wieder die Orgel erklingt, der Organist das jubelnde "Das Grab ist leer, der Held erwacht, der Heiland ist erstanden!" einleitet, und alle Anwesenden aus voller Kehle einstimmen in diesen festlichen Choral? Und das in einer vollen Kirche, in der die Menschen dicht an dicht stehen. In der, wie meine Mutter das nannte: "kein Apfel zur Erde fällt".
Erinnert sich
noch jemand?
Das war noch vor zwei Jahren die Realität.
In der Osternacht
waren die Kirchen, ähnlich wie an Weihnachten, immer proppenvoll.
Mir sind beim
Schreiben die Tränen gelaufen.
Ich trauere tief
um das Leben, was wir verloren haben.
Die beschriebene Osternachtfeier steht
dafür nur beispielhaft.
Wie weiter?
Ich schaue nach
draußen in den Garten.
Die Natur fordert
mich auf: unverdrossen das Leben entfalten!
Durch Zäune
hindurchwachsen. Plattenwege, Asphalt durchbrechen. Abgrenzungen untergraben
und fröhlich auf der anderen Seite aus der Erde kommen.
Letzten Endes ist das Leben an sich immer stärker als jede Begrenzung. Keine Diktatur konnte sich ewig halten, so sehr die Machthabenden es auch versuchten. Der Freiheitswillen, das Menschliche, der Lebenswillen waren und sind immer stärker.
Natürlich gestehe ich mir meine Trauer zu. Was wir erleben, macht traurig. Drohe ich aber in Trauer zu versinken und meine traurigen Gedanken über die aktuelle Situation beginnen, sich in einer Abwärtsspirale zu drehen, rufe ich mir "STOP!" zu. Zur Unterstützung kann ich mir ein dickes, rotes Stopschild vorstellen. Ich atme ein paar Mal in tiefer Bauchatmung ein und etwas länger aus als ein. So wird das Gedankenkarussel unterbrochen. Dann schaue ich mich um, betrachte mein Zimmer, als wäre ich gerade zum ersten Mal eingetreten. Oder konzentriere mich auf eines der Gemälde, die an der Wand hängen. Schaue raus in den Garten. Suche mir eine aktive Beschäftigung, und wenn es Spülmaschine ausräumen, Wäsche zusammenlegen oder Staubsaugen ist.
Guter, alter
Münchhausen.
Oder anders
gesagt: Auferstehung.
Also doch.
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