Momentan wird man
geradezu überschüttet mit Online-Kongressen und Videos voller Ideen und
Hinweise, um gut und möglichst positiv, hoch schwingend und unbeschadet durch
diese Zeiten des Großen Wandels zu kommen. Tips, Tips, Tips… und auch in diesem
Blog habe ich ja schon einige davon thematisiert und aufgenommen.
Irgendwie ist dieser ganze Prozess, in dem das Unterste zuoberst gekehrt wird, so anstrengend und verunsichernd, so ermüdend auch, dass die Sehnsucht nach 'Hilfe' oder 'Begleitung' immer wieder zum Vorschein kommt und dann auf diese Angebote reagiert.
Gestern nun hat Steffen Lohrer, an dessen (virtueller) Heilmeditationsgruppe ich seit Mitte 2020 teilnehme, als Impuls für die sonntägliche Meditation den Link zu einem Video geteilt, in dem es um das 'Annehmen' und um das 'Nichtbewerten' geht. Laut buddhistischer Lehre hört Leiden dann auf, wenn wir aufhören, uns innerlich dem zu widersetzen, was geschehen ist, was als Situation in unser Leben gekommen ist: "Es ist so wie es ist, und ich mache das beste daraus." ist die anzustrebende Haltung. Ohne inneren Protest gegen das, was sowieso bereits geschehen ist, ins angemessene Handeln kommen.
Jens Corssen
stellt in seinem Video eine tägliche Morgenübung vor, die dabei helfen soll, in diese Haltung zu
kommen. Im Grunde geht es darum, jeden Tag mit all dem, was er bringt, aktiv zu
wählen. Auf diese Weise an zu nehmen.
Die Übung besteht
darin, dass man sich morgens nach dem Aufstehen auf einen Stuhl stellt –
hiermit hebt man sich symbolisch aus dem Alltagsbewusstsein auf eine Art
Meta-Ebene, gibt sich eine andere Perspektive – und dann mit der Namasté-Geste
und einer kleinen Verbeugung den Tag begrüßt.
Danach spricht man die folgenden
Sätze:
"Willkommen
Tag!"
"Ich erwähle Dich mit allem, was Du bringst."
"Ich bin ein wachsamer Selbstentwickler. Ich wachse an den Situationen des
Lebens."
Schon die Vorstellung, dies zu tun, rief beim Schauen des Videos jede Menge Widerstand in mir hervor. Will ich überhaupt alles willkommen heißen, was der Tag mir bringt, was mir begegnet???
Viele Situationen, die ich alltäglich mitmache, sind alles andere als schön, alles andere als angenehm. Sie sind im Gegenteil unangenehm, schmerzhaft, beängstigend, schier meine Kräfte übersteigend, übermäßig herausfordernd - eben: unwillkommen. Oder?
Das lässt mich
innerlich aufhorchen.
Etwas in mir sträubt sich mit Händen und
Füßen gegen die Übung. Ein bisschen so, wie damals, als mein Vater angesichts irgendeiner
Veränderung, die unverrückbar in mein etwa 10- oder 12-jähriges Kinderleben
getreten war, sagte: "Iela, solche Sachen passieren. Das wussten schon die alten Griechen: Panta rei - alles fließt."
Damals stampfte ich mit dem Fuß auf und schrie ihn an: "Ich will aber nicht, dass alles fließt!!!"
Ja, Herr
Corssens, Sie haben den Finger auf die richtige Stelle gelegt.
Hier liegt eine
Aufgabe.
Schneller als alle Hinweise aus der spirituellen Ecke hat diese Übung, die so
unschuldig daher kommt, bereits beim bloßen Gedanken daran sie zu tun, mich
selbst wieder auf den Punkt gebracht.
Hier geht es also drum.
Hat mich gestern Abend sehr ins Grübeln und Sinnieren gebracht.
Heute morgen habe
ich die Übung zum ersten Mal gemacht.
Es war mir dabei ein bisschen unheimlich.
Sicherheitshalber 😉 habe ich die Morgenmeditation von Sonja Ariel vonStaden daran angeschlossen, in der das Ganze positiver manifestiert wird. Hierbei öffnet man sich in einem bestimmten Moment gegenüber der Quelle, mit nach oben ausgebreiteten Armen und sagt innerlich:
"O.k.! Ich bin offen für alle Wunder und Geschenke dieses Tages. Ich freue mich auf alles Gute, Wahre und Schöne, das heute zu mir kommen möchte. Ich lade es ein. Und alles andere darf an mir vorbeifließen."
Später spricht sie dann noch einmal davon, dass alles, was keine Bedeutung hat, einfach abfließen darf. "Dasjenige, was Bedeutung hat, wird Dich daran erinnern, dass Du es anschaust."
Damit kann ich irgendwie besser leben.
Wobei es nur auf den ersten Blick etwas Anderes ist.
Abbildungsnachweis:
https://pixabay.com/users/mabelamber-1377835
https://pixabay.com/users/geralt-9301/
s/w-Foto: aus meinem Kreta-Urlaub ca. 1976
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