Vor ein paar Tagen hatten wir dann zum ersten Mal seit drei Monaten wieder einen fremden Menschen im Haus. Wir lassen demnächst Sonnenkollektoren installieren und mussten mit dem Berater der ausführenden Firma alles notwendige besprechen.
Einen Fremden im
Haus zu haben – in solchen Fällen an sich das Normalste von der Welt und immer
eher willkommen denn ein Problem gewesen – machte mich wirklich unruhig. Etwas
in mir hätte ihn am liebsten gar nicht ins Haus gelassen.
Von Anfang an
ertappte ich mich immer wieder dabei, wie ich versuchte, den Abstand zwischen
uns zu vergrößern. Dabei hielt er sich vorbildlich an die Regeln, auch beim
Eintreten ins Haus und beim Besichtigen der Situation in der Garage, in der der
Umformer montiert werden wird. Da das Auto darin stand, war der
Bewegungsspielraum begrenzt.
Während des
Beratungsgesprächs saßen wir am Tisch, er brauchte ihn als Unterlage für sein
Notebook, um Notizen machen zu können. Mein Mann und ich saßen im gegenüber,
ein Stück abgerückt vom Tisch, der ja nur 70 oder 80 cm breit ist. Andauernd
hatte ich das Gefühl, noch weiter weg rücken zu wollen.
Der 'schlimmste'
und am meisten entlarvende Moment war, als er uns ein Foto eines bestimmten Modells Sonnenzellen auf dem
Handy zeigte. In diesem Moment wurden ganz kurz die 1,5 m unterschritten. Als mir das bewusst wurde, erschrak ik, und ich sah zu, dass ich so schnell wie möglich wieder Distanz
gewann.
Als fünfundvierzig
Minuten später der freundliche und kompetente junge Mann gegangen war, war mein
erster Impuls: lüften, lüften, lüften. Nicht nur, um den deutlichen Herrenduft zu
vertreiben, den er mitgebracht hatte. Sondern auch und vor allem in dem
Bestreben, eventuell herumwabernde, unerwünschte Bestandteile in der Raumluft so
schnell wie möglich loszuwerden.
Wie tief hat sich
in diesen drei Monaten das grundsätzliche Misstrauen gegenüber jedem
Menschen eingegraben, der nicht zum
eigenen Haushalt gehör! Hätte mir jemand im Dezember 2019 vorhergesagt, dass ich im Juni 2020 so reagieren würde - ich hätte die Person für komplett neben der Spur erachtet.
Ich bin doch ein Menschen-Mensch, dem und der Anderen immer herzlich zugewandt gewesen!
Ich bin
erschüttert über mich selbst.
Und nun?
Es verlangt
wirklich Selbstbeherrschung und Arbeit an meinem eigenen Inneren, um aus dieser
automatischen Reaktion wieder herauszukommen. Und dieser Automatismus hat sich
eingestellt, obwohl ich mir nur Weniges an Nachrichten rund um den
C-Virus-Irrsinn angetan habe und antue. Ich will meine Mitmenschen wieder als
Mit-Menschen wahrnehmen können und nicht ständig als potentielle Bedroher meiner
Gesundheit unter Generalverdacht stellen!
Bitter ist es, das wahrnehmen zu müssen,
aber ich muss diese neue Sucht zum Zurückweichen, zum Abgrenzen, wirklich ganz bewusst loslassen. Es ist Arbeit, mich den
Menschen wieder zu öffnen, denen ich begegne.
Drei Monate beinahe vollständiger Isolation von – den eigenen Mann ausgenommen - echten Sozialkontakten plus permanente Indoktrination über die Gefährlichkeit der Nähe zu all den Menschen, die außerhalb unseres eigenen Haushalts leben, haben großen Schaden angerichtet.
Ich fürchte,
nicht nur bei mir.
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