Ich dachte gerade
nach über die Groß-Demo in Berlin vor 16 Tagen.
Ich habe mir
im Lauf jenes Tages immer wieder Live-streams davon angesehen. Youtube und anderen Plattformen sei Dank.
Zigtausende, ich
habe im Lauf jenes Tages die Zahl 300.000 gelesen, später dann 1,3 Millionen friedlicher,
ruhiger Menschen jeden Alters, in fröhlicher Sommer-kleidung, die ohne jede
hitzige Emotionalität ihre Botschaft kundtun.
Beinahe alle
könnten genausogut andere Friedens- und Freiheitsaktivisten sein.
Oder
Umweltaktivisten.
Und
wahrscheinlich sind ganz, ganz viele von Ihnen gleichzeitig alles zusammen.
Dabei wurde mir bewusst, wie sich die Zeiten doch geändert haben.
Meine Studienzeit
in den 70ern/frühen 80ern war geprägt von der Stimmung aus Willi Brandts großer
Rede: "Wir wollen mehr Demokratie wagen!"
MEHR Demokratie!
Damals war vieles
möglich.
An den
Büchertischen vor den Universitäten wurde eine Zeitung "Informtionsdienst
zur Verbreitung unterdrückter Nachrichten" verkauft. Die Linke, in diesem
Fall die undogmatische Linke, nahm damals ihre historisch gewachsene Aufgabe wahr,
eine kritische Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Auch mit diesem Medium.
Nur auf dem
hierdurch geschaffenen Boden war es überhaupt möglich, dass die Partei der Grünen
entstehen konnte. Die Grünen waren
mal eine echte Alternative. Gewachsen aus einer Widerstandsbewegung.
Heutzutage werden
freie Journalisten, die mit zeitgenössischen technischen Mitteln eine
Gegenöffentlichkeit schaffen, Journalisten, die "unterdrückte
Nachrichten" gründlich recherchieren und öffentlich machen, diffamiert.
Als
"Rechte".
Als "Verschwörungstheoretiker".
Auch und gerade
von Seiten der Linken und Grünen.
Beide haben ihre
historische Aufgabe, kritische Gegenstimme zu sein und unter dem Nenner
"follow the money" Recherche zu betreiben, sang- und klanglos
komplett aufgegeben. Diejenigen, auf die man sich immer verlassen konnte, wenn
es um kritisches Bewusstsein ging, sind im Nirwana verschwunden.
Was für eine
verrückte Zeit!
Ja, sie haben sich mächtig verändert. Es gab Zeiten, in denen ich mich über meine Zeitung nebst öffentlichen Fernsehen und einigen Büchern ausreichend informiert fühlte, auch wenn damals schon Zweifel aufkamen nach den ersten Club of Rome Berichten, Stellungnahmen zur Sicherheit von Atomendlagern und dem Strauss-Verbot vom 'Scheibenwischer' im BR.
AntwortenLöschenDas Attentat bei den Olympischen Spielen, der Deutsche Herbst, Tschernobyl - um nur einige zu nennen - machten deutlich, wie Medien beeinflussen können. Überwachungsgesetze wurden bereitwillig angenommen, die Befürwortung der Todesstrafe sprang sprunghaft an und spätestens nach Tschernobyl war für mich deutlich, dass die "Mainstream-Medien" nur Teile abbilden. Deine zitierten Büchertische, Infoveranstaltungen, offene Diskussionen und auch Demonstrationen boten andere Welten an. Denken hatte ich noch gelernt, so ließen sich eigene Meinungen bilden.
Die kritischen Journalisten gibt es sicher noch; sie haben's vielleicht in der jetzigen Zeit nicht einfach, weil Nachrichten dem Infotainment gewichen sind und damit gewisse Anpassungszwänge herrschen. Die Möglichkeiten zu publizieren sind jedoch vielfältiger geworden und Informationen zu unterdrücken dürfte schwieriger geworden sein, jedenfalls in deutschen Landen. Für mich als Leser bedeutet das, ich muss vielleicht länger suchen, was eben Zeit in Anspruch nimmt, und nicht alles 1 zu 1 übernehmen indem ich meine grauen Zellen einschalte.
Viele mögen sich die Zeit nicht nehmen und geben sich mit Schnellnachrichten und oberflächlichen Sendungen/Informationen zufrieden.
Manchmal frag ich mich auch, ob ich mich an Begriffen festmache bzw. diese mit bestimmten Vorstellungen verknüpfe. Wenn ich z.B. Journalist lese, so frag ich mich, was will das genau aussagen und stimmt das dann mit dem, was ich mir drunter vorstelle überein. Die Tage gab's auf tagesschau.de einen kurzen Bericht über eine dänische Studentin, die dabei ist eine selbstreinigende Maske herzustellen. Anfangs wurde sie mit vollem Namen genannt und der Schlussabsatz lautete dann so:"Sara denkt an sie alle, nicht nur an Leute aus den Corona-Risikogruppen, und nicht so sehr ans Geld, dass sich solchen Masken machen ließe. "Nein", sagt sie, "mir geht es um den menschlichen Faktor. Ich möchte gerne helfen."
Wäre es ein Bericht über einen Wissenschaftler würde es am Ende kaum heißen "Willi findet.....". Liest man sich den letzten Absatz genau durch, so ist anzunehmen, dass eine Frage bezüglich des Geldes gestellt worden sein könnte. Daraus könnte man schließen, dass bei einer Studentin wirtschaftliche Motive mit einfließen. Da kann man sich nur aufregen. Den finanziellen Aspekt könnte man besser bei einem Konzernchef ansprechen, auch wenn der das sicher vehement abstreitet. Heute war zu lesen, dass die Bundesregierung einen Riesengewinn auf dem Papier gemacht hat, weil sie in ein Impfstoffunternehmen eingestiegen ist. Man könnte auch mehr über das Unternehmen berichten und über die Besonderheit des Ansatzes, nur das scheint wohl nicht gefragt zu sein.
Zum Abschluss des Demokratiethemas ein Zitat aus einem juraforum:
https://www.juraforum.de/lexikon/demokratie
"Nach einem modernen Verständnis der Demokratie steht diese Herrschaftsform in enger Verbindung zur Gewährleistung der Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit sowie der Garantie und dem Schutz von Menschen-, Bürger- und Grundrechten, insbesondere der Meinungs- und Pressefreiheit, da diese für die politische Willensbildung erforderlich ist."
Das letzte Satzende darf man sich auf der Zunge zergehen lassen und vielleicht einigen seitenverkehrt auf die Stirn meißeln, so dass sie sich dessen morgens im Spiegel täglich aufs Neue gewahr werden können :-)