In C-Virus-Krisenzeiten ein Tag ohne
Kaffeekränzchen und ohne Wochenendbesuch von meiner Schwester und vielleicht meiner
Nichte, die beide in bzw. bei Frankfurt leben.
Trotzdem ein
schöner Tag. Im Garten stehen die Tomatenpflänzchen, die ich von meinem Mann
bekam. Und jetzt gerade schenkt er mir ein
Wohnzimmer-Orgelkonzert. Ein Überraschungsblumenstrauß steht auf dem Gabentisch
und ein dickes Buchgeschenk mit lieblichem Inhalt wartet ab jetzt darauf, von
mir gelesen zu werden. Und eine soziologische Studie zum Vergleich von Kindheiten um 1900 in Wiesbaden und Leiden (schon 1989 herausgegeben) hat überraschend den Weg zu mir gefunden.
Ich bekam Post,
Telefonanrufe, whatsapp-Nachrichten, mails. Manche davon überraschend. Wie schön!
Vielen, vielen Dank, all Ihr lieben Menschen!
Die mail einer
Brieffreundin, mit der ich mich herzlich verbunden fühle, enthielt diesen Link zum unten stehenden Gedicht von Rose
Ausländer. Ausländer ist eine meiner Lieblingsdichterinnen.
Sie spricht das
Gedicht selbst. Ich finde es sehr berührend, sie selbst zu hören.
Noch bist du
da
Wirf deine Angst
in die Luft
Bald
ist deine Zeit um
bald
wächst der Himmel
unter dem Gras
fallen deine
Träume
ins Nirgends
Noch
duftet die Nelke
singt die Drossel
noch darfst du
lieben
Worte verschenken
noch bist du da
Sei was du bist
Gib was du hast
Es scheint
paradox, am Geburtstag an die eigene Vergänglichkeit erinnert zu werden. Früher
hätte ich mich darüber vielleicht erschrocken. So habe ich einem gemeinsamen
Freund aus der Zeit mit einem früheren Gefährten übel
genommen, dass er uns zum Jahreswechsel dies Gedicht von Erich Kästner
schickte:
"Wird's
besser? Wird's schlimmer?"
fragt man alljährlich.
Seien wir ehrlich:
Leben ist immer
lebensgefährlich.
In den letzten
Wochen aber wurden und werden wir alle permanent an unsere Vergänglichkeit
erinnert.
Und so habe ich
spätestens jetzt gelernt, meinen Fokus anders einzustellen.
"Noch duftet
die Nelke / singt die Drossel"
…darf ich lieben!
…Worte verschenken!
"Sei was du
bist / gib was du hast"
Da weiß ich
nur eine Antwort. Auch von Rose Ausländer.
Wer bin ich
Wenn ich
verzweifelt bin
schreib ich
Gedichte
Bin ich fröhlich
schreiben sich
Gedichte
in mich
Wer bin ich
wenn ich nicht
schreibe
Die Blumenfotos
habe ich von Freunden und Freundinnen zum Geburtstag bekommen.
Und außerdem:
Heute mit
Verwunderung erstmals in meinem Leben wahrgenommen (oder hatte ich es nur
vergessen?):
R.A. ist mit einem Tag (und 52 Jahren) Abstand von mir zur Welt gekommen.
Muss ich mich da noch wundern,
dass sie zu meinen Lieblingsdichterinnen gehört?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen