In einer der ersten Wochen nach Beginn des Lockdowns stieß ich auf ein Video über das richtige Händewaschen. Eine Facebook-Freundin hatte es geteilt.
Seitdem fühle ich
mich beinahe jedes Mal beim ausführlichen, hygienefreundlichen, bakterien- und
virusfeindlichen Händewaschen dieser Wochen an meine Kindheit erinnert oder in
meine Kindheit zurückversetzt.
Unsere Kindheit
war noch eine der typischen 50er-/60er-Jahre Kindheiten. So viel, wie möglich,
spielten wir draußen. Abgesehen von andauernd aufgefallenen Knien brachte es
automatisch auch schmutzige Hände mit sich. Sandkuchen backen, Sandburgen
bauen, durchs Gesträuch entlang der Spielwiese kriechen, aus gemähtem Gras
hoffnungsvoll den Amseln Nester in die Büsche bauen und was der wunderbaren
Dinge mehr waren, die wir in der reichlich begrünten Großstadtsiedlung
aushecken konnten. Bäume erklettern – mehr meine Schwester und weniger ich –
oder die Kinder von Bullerbü nachspielen. Alles gratis und draußen – und staubig
und erdig.
Beim
Nachhausekommen war Händewaschen unvermeidlich. Glücklicherweise gabs warmes
Wasser aus dem Badezimmerkran, und die Seif hing kinderspielfreundlich, gut
erreichbar und immer trocken am "Zack".
Das Händewaschen
habe ich seinerzeit sowohl von Mama als auch von Papa und wohl auch von Oma
immer wieder gezeigt bekommen und so nachhaltig gelernt.
Genau so, wie in
dem Film. Exakt so.
Ärmel hochstruppen
war immer der Anfang. Damit Hände und Handgelenk schön frei waren und die Ärmel
nicht nass wurden. Dann Hände nass machen und einseifen.
Dies letztere mit
all jenen Bewegungen und Handgriffen, die auch in dem Video zu sehen sind.
Handfläche. Handrücken. Zwischen den Fingern. Die Finger gegeneinander in den
Handflächen reiben, usw. Rund um den Daumen, die "Maus" – es sollte
doch schließlich keine GRAUE Maus bleiben! Und – das Handgelenk nicht
vergessen!
Nun frage ich
mich: haben in jenen Jahren alle, zumindest alle bürgerlichen Kinder so
gründlich das Händewaschen gelernt? Oder war das speziell etwas in unserer
Familie?
Rotkreuzschwestern 1914 - Foto DRK |
Theoretisch
könnte letzteres durchaus der Fall sein. Oma hatte in ihren jungen Jahren bei
ihren Eltern durchgedrückt, dass sie eine Ausbildung als Rotkreuz-Schwester
machen durfte. Berufsausbildung für Mädchen war Beginn des 20. Jahrhunderts
nicht selbstverständlich, und Rotkreuz-Schwester war etwas Besonderes, laut Oma
jedenfalls.
In ihrem Beruf
hätte sie nur arbeiten dürfen, bis sie 1914 kurz vor Kriegsausbruch heiratete. Da
war sie 27. Rotkreuzschwestern durften nicht heiraten, wollten sie das bleiben.
Oma war aber im 1. Weltkrieg dann aber natürlich dienstverpflichtet.
Vater war im 2. Weltkrieg
Sanitäter. Und in unserer Kindheit mit seinen Kenntnissen treue Stütze und unerschütterlicher
Fels in der Brandung so mancher kindlichen Wunden und Krankheiten für Mutter
und uns Kinder. Warum also nicht auch im Zusammenhang mit der Handhygiene?
Foto: Sibylle Emilie Tobler |
Liebe Mutter, Vater, Oma, die Ihr schon lange nicht mehr unter uns weilt – neben Vielem anderen, das Ihr in unseren Kinderseelen auf eine solche Weise grundgelegt habt, dass wir heute noch aufs Beste davon zehren können – Dank auch für dies Stückchen Weitergabe Eures Wissens!
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