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Sonntag, 3. Mai 2020

Symbole



In einer Zeit, in der wir 75 Jahre Befreiung vom Faschismus feiern wollten, groß und festlich, erwischt den ganzen Globus eine Virus-Erkrankung, deren Bekämpfung die Menschen zwingt, einen mehr oder weniger großen Teil ihrer Freiheiten mehr oder weniger vorübergehend aufzugeben.

In einer Zeit, in der global gesehen unsere Leben immer atemloser wurden, werden wir heimgesucht von einem in dieser Art bislang unbekannten Virus, das die Atemwege befällt.

Wir haben unseren Himmel verschmutzt. Die Luft, die wir atmen, haben wir verschmutzt. Wir haben die Erde verschmutzt, die uns nährt. Gifte, Gifte, Gifte; Antibiotika, wo sie nichts zu suchen haben; Feinstaub; Stickoxide; CO2; überflüssige, nur Luxus und Bequemlichkeit geschuldete Verkehrsströme zuhauf; Ausbeutung der "Nutz"-Tiere; …

Und dann kriegen wir dies Virus. Diejenigen, die es befällt, hindert es beim Atmen. Diejenigen, die sich oder andere davor schützen wollen, hindert es auch beim Atmen (Masken). 
Diese Krankheit führt uns vor, was wir kollektiv unseren Lebensbedingungen angetan haben. Wir haben unsere natürliche Umwelt so stark beschädigt, dass sie an unserer Umklammerung zu ersticken drohte.
Wir haben unser Lebenstempo durch Arbeitsdruck, Arbeitsintensität und Reizüberflutung so überhöht, dass wir mit ständig erhöhtem Adrenalinspiegel zu leben gewohnt waren und atemlos herumrannten, um all das zu erledigen, was wir erledigen zu müssen glaubten und was wir uns in der "Frei"-Zeit zusätzlich aufgehalst hatten.

Die Bemühungen, die Ausbreitung des Virus einzudämmen, zwingen uns in die Ruhe.
Sie sind DIE Chance, wieder zu Atem zu kommen.

Viele Wochen dieses erzwungenen Rückzugs liegen nun schon hinter uns. Manch eine und manch einer steht voll überschüssiger Energie trippelnd in der Startbox, um beim Startschuss seufzend endlich wieder in sein oder ihr überdrehtes Leben zurück zu rennen.
Abgesehen davon, ständig mit Angst und Panik konfrontiert zu sein, brachten für viele von uns diese Wochen neue, ungekannte Herausforderungen, die manche und manchen an den Rand ihrer Belastungsfähigkeit brachten. 24/7 mit kleineren oder nicht mehr so kleinen Kindern plus Homeoffice, plus Zuhause-Schule, plus vielleicht den/die Partner/in zuhause wegen Kurzarbeit…. Und die Bedrohungen wirtschaftlicher Art: was wird aus dem Arbeitsplatz? Und. Und. Und.

Trotzdem.
Ich will auch nach den Chancen schauen, die in dieser erzwungenen Stille liegen.

Runterkommen. Still werden. Muße erfahren. Leeren Terminkalender erfahren. Zu Atem kommen. Durchatmen. Ent-spannen.
Die Botschaft wahrnehmen, die symbolische Bedeutung dieser C-Virus-Krise gerade zu diesem Zeitpunkt unserer Geschichte nicht aus dem Blick verlieren.

Lasst uns um des Himmels und der Erde willen nach der auferlegten Ruhe anders leben als vorher!
Lasst uns die Ruhezeit, die uns noch bleibt, nutzen, um gute neue Ideen voranzutreiben für ein entschleunigtes Zusammenleben. Für eine menschlichere Art des Wirtschaftens. Für eine Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, die uns Lebens-Mittel als Nahrung zur Verfügung stellt.

Oder, wie es Christina von Dreien in ihrem aktuellen Newsbrief ausdrückt:
«Wie soll eine Welt aussehen, in der alle Wesen glücklich sind? Wie wäre das? Wie würde sich das anfühlen?» Oder auch: «Wie möchte ich werden? Welche Dinge in mir möchte ich ändern oder aufräumen?»

Das war nämlich eine schöne Koinzidenz. Den obigen Beitrag habe ich gestern Morgen vor dem Frühstück geschrieben. Am Vormittag, kurz bevor ich meinen Text abtippen wollte, hörte ich das klassische Signal "e-mail angekommen" – und trudelte dieser Newsbrief von Christina ein.

1 Kommentar:

  1. Ausgehend von diesem Blogbeitrag ist der Begriff "Viruschancen" sicher für viele befremdlich.
    Die Seismologen freuen sich über unerwartete Bedingungen, die nicht-menschliche Welt zu Boden, Wasser und Luft ebenfalls und dann gibt's noch Experimente wie in Brüssel, um nur eins zu nennen, wo die Gehwege so eng sind, dass beschlossen wird, Fußgänger und Fahrradfahrer die Straße mitbenutzen zu lassen, und die Autofahrer sollen eben 20 km fahren und Acht geben. Spannend dürfte es sein, wie die Menschen reagieren, wenn eine gewisse Normalität eintritt, fügen sie sich einfach oder fangen sie an Forderungen zu stellen, weil sie sehen, was alles möglich sein konnte und wie es ihnen damit ging?

    Angesichts 3/4 Jahrhundert Kriegsende frag ich mich, wie wird diese jetzige Zeit in die Geschichte eingehen? Werden die Dramateile überwiegen oder werden sie von Lichtblicken überstrahlt werden? Gibt's Lerneffekte? Oder wird's Fragen geben wie:" Wie konnten die nur annehmen, dass alles wie früher weitergehen könnte?" oder "Wie konnten sie einfach Zahlen über die Menschen stellen?" oder "Wie konnten sie nur versuchen alle Menschen über einen Kamm zu scheren?". Wie wirkt sich das Politikergehabe auf das Vertrauen des Volkes ihnen gegenüber aus bzw. auf das Demokratieverständnis? Wenn ein Jahrzehnt später eine Reportage über die Jetztzeit erscheint, was wird dann enthalten sein, was wir jetzt noch nicht wissen dürfen?

    Spannend dürfte es auch sein, welche Argumente im Wahlsommer/herbst 2021 unters deutsche Volk gebracht werden und wer sich wie positionieren wird. Wahrscheinlich läuft dann vieles wieder über die Emotionsschiene, denn genau nachdenken ist weniger gefragt.

    Dem Newsbrief kann ich mich anschließen. Das eine sind die Entwicklungen, die außerhalb meiner Kontrolle liegen und so kann ich für mich schauen, was ich aus dem Ganzen mache und mir meine eigenen Fragen stellen und mich um mein Wohlbefinden, mein In-mir-ruhen und mein mit-mir-im-Reinen-Sein kümmern.

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