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Donnerstag, 1. Oktober 2020

Maulkorb

Diesen Maulkorb habe ich unter tierärztlichem Praxisbedarf gefunden.

Jetzt ist es so weit. Der Ministerpräsident in den Niederlanden ist vor dem Druck eingeknickt, den die Opposition (Grün-Links, Sozialdemokraten: Partij van de Arbeid, Sozialisten: SP, Seniorenpartei: 50+), die Koalitionspartei D66 und vor allem Presse, Funk und Fernsehen ausgeübt haben. Obwohl der Chef des niederländischen Pendants zum RKI noch immer ehrlich genug ist, zu sagen, dass Mund-Nasen-Bedeckungen nur sehr wenig Nutzen haben, wird von der Politik die "dringende Empfehlung" gegeben, in öffentlich zugänglichen geschlossenen Räumen nur noch mit verhülltem Gesicht herumzulaufen.

Jaap van Dissel, Direktor des RIVM (und anders als die Jungspunde in Deutschland ein lebenserfahrener Mann und Wissenschaftler, der keine zusätzlichen Lorbeeren mehr nötig zu haben scheint), bleibt in einem Interview im Algemeen Dagblad dabei, dass der Nutzen von Masken sehr beschränkt ist. Sein Institut hat in einer Meta-Auswertung Untersuchungen zum Thema ausgewertet. In diesen Untersuchungen ging es immer um medizinische Masken mit Gütezeichen. Im Interview erzählt er (Übersetzung von mir): "Wir fragen uns wirklich, welchen zugefügten Wert eine allgemeine Masken-Empfehlung hat, zusätzlich zu den anderen Maßnahmen. Die zuverlässigste Untersuchung zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, Grippe zu bekommen um 6 Prozent abnimmt, wenn eine Woche lang Maske getragen wird. Eine neue Norwegische Studie stellt fest, dass 10.000 Menschen eine Woche lang eine Maske tragen müssen, um eine einzige Ansteckung zu vermeiden."

Anders als in Deutschland sind in den  Niederlan-
den Schals und Schlauchschals als Maskenersatz
nicht zugelassen.       Dies Modell gibts auf ebay.

 

Aktuell wurde und wird die Panik durch die Medien heftig geschürt. Ich habe ein paar Mal Interviewfragen von Journalisten gegenüber Vertretern gemäßigter Maßnahmenpakete gehört, in denen ziemlich aggressiv auf harte Maßnahmen gedrängt wurde, um das Virus zurückzudrängen. Wirklich sehr bedrängend wurde gefragt, warum man hier per se keine harten Maßnahmen einführen wolle, wo doch die Menschen von sich aus offenbar nicht einsichtig genug seien. 

Und auch die Opposition versucht, durch den Ruf nach scharfen Maßnahmen Land zu gewinnen. Nächstes Jahr sind Parlamentswahlen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

Bislang war die Gesichtsverhüllung nur regional empfohlen bzw. vorgeschrieben. Dort, wo man die 1,5 m nicht gut einhalten kann. Eine einigermaßen intelligente Maßnahme, ließ sie doch wenigstens den Menschen in dünn besiedelten, ländlichen Gebieten ihre Freiheit, und solche Gebiete gibt es in den Niederlanden viele. Aber natürlich können die, die selbst ein verhülltes Gesicht verpasst kriegen (die Politiker leben ja alle im dichtbesiedelten Westen) diejenigen nicht in Frieden frei herumlaufen lassen, die ihr Gesicht offen zur Schau tragen.
Und natürlich wird sofort auch danach gerufen, dass die Kinder und Jugendlichen in den weiter-führenden Schulen fortan maskiert gehen sollen.

Gerade Grün-Links versucht enorm, sich mit dem Ruf nach scharfen Maßregeln zu profilieren. Besonders tut sich da die Bürgermeisterin von Amsterdam hervor, die meiner Ansicht nach vollkommen im Panikzustand feststeckt und verzweifelt und einigermaßen hilflos versucht, sich als gute "Bürgermutter" zu gerieren. Eine große Enttäuschung. Wie in Deutschland standen "Grün" und "Links" auch hier einmal für Widerstand, Frieden und Freiheit. Das ist Geschichte.

Man redet auch schon von einer nächtlichen Ausgangssperre.
Das Virus kann nämlich Tageszeiten unterscheiden und ist offenbar zwischen 23 Uhr und 6 Uhr morgens besonders gefährlich…  *Sarkasmus aus*

Ausgangssperren gab es in den Niederlanden zuletzt in der Zeit der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Schon das Wort Ausgangssperre war für die Menschen in diesem Land verknüpft mit den schmerzlichen Erinnerungen an jene fürchterliche historische Periode. Ich kann es kaum fassen, dass die C-Virus-Panik offenbar so riesig ist, dass selbst dieses Tabu nun zu wackeln beginnt. Zu welch bizarren Ideen die weitgehende Hilflosigkeit angesichts der bedrohlich empfundenenen Kräfte der Natur doch führen kann!

Nun beginnt also auch in den Niederlanden allmählich der gleiche Wahnsinn um sich zu greifen, wie ich ihn in Deutschland bereits in den letzten Wochen und Monaten beobachtet habe. Als erstes fällt mir auf, dass offenbar die meisten Menschen auch hier zunächst einmal zu glauben scheinen, dass das Maskentragen sie selbst schützt.

Heute ist mir zum ersten Mal im Bio-Laden in Winschoten ein verängstigter älterer Mann begegnet, in der Art, wie ich es bei meinem letzten Frankfurt-Besuch auch erlebt hatte. Er ging mit Maske und Plastikhandschuhen zum Einkaufen. Er traute sich gar nicht in den Laden hinein, sondern blieb in der Tür stehen und bat die Verkäuferin, alles für ihn zusammen zu suchen. Nachsichtig und servicefreundlich, wie die Mitarbeitenden in den Läden hier ganz oft sind, tat sie dies mit großer Seelenruhe und Freundlichkeit.

Kaum auch ist die Empfehlung zum Masketragen in öffentlich zugänglichen Gebäuden ausgesprochen, sieht man schon Leute selbst im Freien maskiert herumlaufen. Es ist zum Heulen!

In den kommenden Wochen werde ich nun auch hier im Land beobachten können, ob und wie das Maskentragen die sowieso schon angespannte Atmosphäre im Zusammenleben weiter verändert.
Auf die Chance zu diesem Feldversuch hätte ich nur allzugerne verzichtet.

 

Nachtrag: In den öffentlichen Verkehrsmitteln scheint es schon manchmal enorm zur Sache zu gehen. Letzten Sonntag wurde eine Frau im Zug von Utrecht nach 's-Hertogenbosch von einem Mitreisenden angegriffen und ziemlich verletzt, weil sie ihre Maske weggeschoben hatte, um etwas zu trinken.

 

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